Gaswerk 2

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Titel des Objekts: Gaswerk 2, Leipzig-Connewitz /Gaskokerei „Max Reimann“/ Heizwerk Süd-Ost

Adresse: Stadtwerke Leipzig GmbH, Arno-Nitzsche-Str. 35, 04275 Leipzig

Stadtteil: Leipzig -Connewitz

Industriezweig/Branche/Kategorie: Energiewirtschaft/Gas-und Heizwerke

Kurzcharakteristik:
Im Auftrag der Stadt Leipzig wurde im Zeitraum von 1882 bis 1890, an der heutigen Richard-Lehmann-Straße, im Stadtteil Connewitz, ein neues Gaswerk (Gaswerk 2) errichtet. Es verkörperte bei seiner Inbetriebnahme 1885 (1. Baustufe) den damaligen wissenschaftlich- technischen Höchststand der Gaserzeugung mittels Steinkohle in Deutschland. Dieses Gaswerk 2 wurde zum Zweck der Ablösung der Vorort-Gaswerke bis 1929 zum Zentralgaswerk für Leipzig ausgebaut. Die Zeit des zweiten Weltkrieges hat das Gaswerk relativ unbeschadet überstanden, so dass ab 1946 die Gaserzeugung wieder aufgenommen werden konnte. 1977 wurde die Gaserzeugung aus technisch-technologischen Gründen eingestellt und die Anlagen abgerissen. Geblieben sind aus dieser Zeit u.a. zwei Gasometer als weithin sichtbare Baudenkmale und Zeugen der Leipziger Industriearchitektur (siehe hierzu auch Katalogseite Gasometer II/Panometer) sowie einige Werkstätten, Büro- und Lagergebäude, die einer neuen Nutzung zugeführt wurden. Geblieben ist auch der, in einer Phase der Zwischennutzung des Betriebsgeländes von 1987 bis 1996, für ein mit Rohbraunkole betriebenes Heizwerk errichtete ca. 160 m hohe Betonschornstein (z.Zt. Nutzung als Antennenanlage). Die gesamten Anlagen und Gebäude sind heute wieder Eigentum der Stadtwerke Leipzig GmbH.

Datierung: 1882/1890/1929 sowie 1977 und 1987

Objektgröße: 25.000 m² (grobe Schätzung)

Ursprüngliche Nutzung:
Das Gaswerk 2, später „Gaskokerei Max Reimann“ war über Jahrzehnte einer der dominanten Industriebetriebe im Süden von Leipzig. Weithin sichtbar waren die vier Gasometer, diverse Schornsteine sowie ein Teil der vorwiegend in Freiluftbauweise errichteten Anlagen für die Gasproduktion. Dazu gehörten z.B. die Gasreinigung , die Anschlussbahn , Koks-und Kohlelagerplatz sowie die technologisch bedingten Prozesse der Erzeugung von Stadtgas und Steinkohle-Koks ( mit dem Ablöschen des Kokses im sog. Löschturm ). Bedingt durch diese Anlagenkonfiguration und ein teilweises „Fahren auf Verschleiß“, waren Auswirkungen auf die Umwelt- und die Arbeitsbedingungen ein permanentes Problem. Mit Aufnahme der kompletten Gasversorgung für die Region Leipzig durch Ferngas (z.B. aus dem VEB „Gaskombinat Schwarze Pumpe“) wurde nach 92 Jahren Betriebsdauer die Produktion 1977 eingestellt. Nach großflächigen Abrissarbeiten der zur Gasproduktion, Gasspeicherung (Gasometer III und IV) und Gasverteilung benötigten technischen Anlagen sowie von Lager- und Verwaltungsgebäuden, wurde nach 1977 begonnen, schrittweise einen zentralen Werkstättenkomplex für den VEB Energiekombinat Leipzig auf dem Gelände zu errichten.

Heutige Nutzung:
Ab Anfang der 1980- ziger Jahre erfolgte, zur Stabilisierung der Wärmeversorgung der Stadt Leipzig, die Planung , Errichtung und Inbetriebsetzung (1987) eines, für damalige DDR-Verhältnisse modernen, auf Braunkohlebasis betriebenen Heizwerkes. Auf dem riesigen Gelände entstanden u.a. sechs Dampferzeuger, neue Gleisanlagen mit Waggonkippeinrichtung ,Verteilungs und Förderanlagen für Braunkohle und Asche. Erstmalig wurde hier in der DDR zur Rauchgasentschwefelung (Umweltschutz) das sog. Kalksteinadditiv-Verfahren eingesetzt. Im Zuge der Neuausrichtung der Städtischen Energiepolitik erfolgte ab 1996 die Stilllegung der Anlagen.
Zusammen mit den aus Gaskokerei-, Werkstätten- und Heizwerksbetrieb nicht mehr benötigten Gebäuden und Anlagen sowie der Errichtung von neuen Verwaltungs- und Lagergebäuden wurde ab 1997 begonnen, auf dem Gelände wichtige Betriebsabteilungen der Stadtwerke zu zentralisieren. Dazu gehört auch die von außen sichtbare Speicheranlage für die Fernwärmeversorgung (neun,ca.30 m hohe, aufrecht stehende Behälter) sowie ein mit dem Architekturpreis der Stadt Leipzig ausgezeichnetes drei- geschossigesVerwaltungsgebäude (Projektant: HPP- BüroLeipzig).

Bau- und Firmengeschichte:
Ausgehend von der IndustriellenEntwicklung der Stadt Leipzig Mitte des 19. Jh. und ihrer Bedeutung als wichtigste deutsche Messestadt, war es zwingend erforderlich Industrie und Bevölkerung mit dem relativ neuen Medium „Leuchtgas“ ausreichend zu versorgen (z.B. zur Stadtbeleuchtung). Die um 1838 errichtete, in den Folgejahren mehrfach erweiterte Gasanstalt an der Eutritzscher Straße (Gaswerk 1) konnte diesen Bedarf nicht mehr abdecken. Zur Lösung des Problems kam nur der Neubau eines leistungsfähigen Gaswerkes in Frage. Als Standort wurde ein Gelände in Leipzig-Connewitz, an der heutigen Richard-Lehmann-Str. ausgewählt. Die Bauplanung und Ausführung lag in den Händen des Gasfachmannes und Ingenieurs Georg Wunder. Dieser setzte in Zusammenarbeit mit dem damaligen Stadtbaudirektor Hugo Licht den Anspruch der Auftraggeber, Technische Anlagen (z.B.die Gasometer) mit einer architektonisch und ästhetisch anspruchsvollen Verkleidung zu versehen. Die Gasometer bildeten ein Kernstück der zu Gaserzeugung und Gasspeicherung notwendigen Anlagen. Das Gaswerk 2 wurde bis zu seiner Stilllegung 1977, abgesehen von der Errichtung einiger Ergänzungsbauten bzw. technologisch notwendige Anpassungen an den aktuellen Stand der Technik, im Kern unverändert betrieben. Mit der Stilllegung des Gaswerkes/Gaskokerei ging eine für die Energieversorgung der Stadt Leipzig wichtige Phase zu Ende. Die Zwischenstufe mit dem Betrieb eines Heizwerkes auf diesem Gelände hat im Prinzip keine bleibenden Spuren hinterlassen (1987 – 1996). Für die von der Gaskokerei sowie dem Heizwerk     beanspruchten Flächen wurde eine umfangreiche Altlastensanierung durchgeführt.

Objektbeschreibung:
Unter der Bezeichnung „Gasanstalt“ verstand man früher eine Anlage zur Erzeugung von Leuchtgas/Stadtgas aus Steinkohle. Später und mit den größer werdenden Anlagen wurde daraus Gaswerk bzw. Gaskokerei.
In diesen liefen die technologischen Prozesse der Erzeugung von Stadtgas ab. Die Abnahme des in dem Prozess erzeugten Stadtgases durch eine Vielzahl von Verbrauchern war eine Grundvoraussetzung für den wirtschaftlichen Betrieb der Gasanstalt . Dazu war es erforderlich, die Anlagen so auszuführen , das eine zeitnahe Anpassung der Erzeugungsmenge an den schwankenden Bedarf möglich ist. Erreicht wurde diese Zielstellung um 1880 mit dem Bau der sog. Gasometer. Diese konnten das erzeugte Gas in großen Mengen vorhalten und nach Bedarf abgeben. Die Speicherung des Gases erfolgte in den, im inneren der Gasometer teleskopartig angeordneten Behältern. Für das Gaswerk 2 wurden vier Gasometer errichtet, davon 3 mit Ziegelmauerwerk. Die Außenfassade der kreisförmigen Gebäude wurde mit gelben Klinkern verkleidet, die im Fenster- und Gesimsbereich sowie im Erdgeschoß mit roten Klinkerziegeln farblich abgesetzt ist. Der Gasometer II ist mit einer Höhe von ca.50 Meter incl. Schwendlerkuppel und Laterne sowie einem Durchmesser von ca.57 m der größte und damit ein Stadtbild prägendes Bauwerk. Die Gasometer I (ohne Dach) und II bilden heute das sog. Panometer; eine Event-Location. Eingang: Richard-Lehmann-Str. 114. Die Gasometer III und IV (offene Konstruktion) sind abgerissen.

Quellen/Literatur/Links:
– Broschüre „150 Jahre Gasversorgung in Leipzig“, VEB Energiekombinat Leipzig, 1988
– Internet Dezember 2014: Wikipedia „Panometer Leipzig“
– Internet: Lichtkonzept „Plus-Minus“- Projektarbeit Beleuchtung der Gasometer der Stadtwerke Leipzig GmbH
– 24 Gasometertafeln 1000×2000/ www.swl.de

Autor: Peter Rosenbusch

Datum: 23.01.2015

Abbildungen:
Fotograf: Peter Rosenbusch


*Bild 1: Verwaltungsgebäude Gaswerk, DSCN 5189. JPG

*Bild 2 : Gasometer I (ohne Dach) und Gasometer II (jetzt Panometer), DSCN5192. JPG

*Bild 3: Betriebsgebäude Gaswerk (Rekonstruiert), DSCN5191.JPG

*Bild 4: Gasometer I, Detail Innenraum ohne Dach, dahinter Gasometer II, DSCN5186.JPG

*Bild 5 : Verwaltungsgebäude, Neubau 1999, DSCN5194.JPG