DIMO
Titel des Objekts: VEB Dieselmotorenwerk Leipzig (DML, DIMO) | Reformmotorenfabrik
Adresse: Leipzig, Heinrich-Heine-Straße 35
Stadtteil: Böhlitz-Ehrenberg
Industriezweig/Branche/Kategorie: Maschinenbau/Motorenbau
Kurzcharakteristik: Mittelständiges Unternehmen zur Herstellung von Dieselmotoren, später von kompletten Notstromaggregaten.
Datierung: am Standort von 1906 bis 1998
Objektgröße: ca. 20.000 m²
Ursprüngliche Nutzung: Reform-Motorenfabrik 1906 bis 1934
Heutige Nutzung: Industriebrache/ Lagerräume/ Neuansiedlung kleiner Firmen
Bau- und Firmengeschichte:
- 01.09.1901 Wilhelm Meyer und Wilhelm Hanke gründen in Leipzig-Plagwitz Carl Heinestrasse 35, diagonal gegenüber dem gerade neu gebauten Felsenkeller, die Automobil-Werke Leipzig GmbH.
- 1904 Umfirmierung in Reform-Motoren-Fabrik G.m.b.H.
- 1906 zieht das Unternehmen nach Böhlitz-Ehrenberg in ein neu errichtetes Firmengebäude.
- 1914 bis 1918 die Firma stellt während des 1.Weltkrieges Granaten her, der Motorenbau wird eingestellt.
- 1920 Wilhelm Meyer wechselt in den Aufsichtsrat und Wilhelm Hanke ist nun alleiniger Geschäftsführer. Es werden drei Prokuristen bestellt.
- 1934 wird die Firma verkauft und heißt nun H.K. Heise GmbH Maschinenbau.
- 1935 bis 1945 H.K. Heise GmbH Maschinenbau hat auf Kriegsproduktion umgestellt und fertigt Teile für die Flugzeugindustrie (Zahnräder für die Erla Werke) und Granaten 3,7cm Flak und größere Kaliber.
- Nach Ende des Zweiten Weltkriegs arbeitete der bedeutende Motorenentwickler Prof. Alfred Jante von 1945 bis 1946 zunächst als Technischer Leiter der H. K. Heise Maschinenbau GmbH in Böhlitz-Ehrenberg bei Leipzig. Die Firma wird 1946 enteignet und wird volkseigener Betrieb. Es werden wieder Dieselmotoren hergestellt.
- 1958 im Rahmen der internationalen Hilfe werden aus dem Irak und dem Sudan junge Leute in der Dimo zu Schlossern ausgebildet.
- Entwicklung der Betriebsstruktur und Produktionskapazität ab 1960 und den Folgejahren. Die Belegschaft wächst auf ca. 500 Mitarbeiter.
- Für die Steigerung der Produktivität und Effektivität erfolgt eine Arbeitsteilung zwischen den Kombinatsbetrieben und eine Spezialisierung der Betriebe auf bestimmte Baugruppen bzw. Bauteile. Im DML werden die Finalerzeugnisse Dieselmotoren und Diesel–Elektroaggregate weiterhin produziert und die Spezialisierung auf Pleuelstangen und Nockenwellen ausgebaut. Die Lieferung der Teile und Baugruppen erfolgt an folgende Werke: Kombinatsstammbetrieb SKL Magdeburg, Elbewerk Rosslau, Motorenwerk Berlin Johannisthal, Motorenwerk Cunewalde und Einspritzgerätewerk Aken.
- Um die Produktionsvoraussetzungen zu schaffen und zu erweitern, werden zusätzliche Grundstücke und Gebäude erworben. In der Fabrikstraße 19 werden zunächst Hallen im Barackenstil aufgebaut und in den 1970er Jahren dann große Betonmassivbauten errichtet. In der Heinrich-Heine-Straße werden das Gelände und Gebäude der Baufirma Pfeiffer, der ehemalige Kohlenhof und das Papierverarbeitungswerk übernommen. Dort entstehen Sozial- bzw. Verwaltungsräume, sowie Produktionsräume und eine Hochregal-Lagerhalle. Zwei weitere Betriebe werden dem DML angeschlossen und ausgebaut: der Stahl- und Metallbau in Kühren (ca. 50 Arbeitskräfte) und der SKL–Betriebsteil in Oberlungwitz (ca. 190 Arbeitskräfte).
Erzeugnisentwicklung und Produktpalette
1972 bis 1989 Antriebsmotoren für Fluß- und Binnenseeschiffe, Diesel-Elektroaggregate, als Hilfsaggregate für Hochseeschiffe, Notstromaggregate mit automatischem Start für Hochseeschiffe, Krankenhäuser, Hotels und Gewächshäuser, Diesel-Elektroaggregate für Kühlzüge (diese werden im Waggonbau Dessau für den SU- Export verbaut, ca. 150-200 Stck./Jahr), Diesel-Elektroaggregate mit Motoren von ROBUR Zittau für autonome Maschinenkühlwagen (diese werden ebenfalls im Waggonbau Dessau für den SU-Export verbaut, ca. 600 – 1000 Stck./ Jahr geeignet für Startbedingungen bei minus 40 °C)
Im Jahr 1986 erfolgt vom Ministerium für DML eine Freigabe von 15 Millionen DM zum Import von Maschinen aus dem kapitalistischen Ausland, bzw. der BRD. Dafür werden von fünf Firmen aus der BRD hochproduktive, zum Teil automatisierte Sondermaschinen für die Pleuelstangen- und Nockenwellenproduktion geplant und beschafft. Diese Maschinen und Anlagen werden 1989 und 1990 geliefert und installiert. Sie kommen noch für kurze Zeit erfolgreich zum Einsatz und werden dann, wie der gesamte Betrieb, Opfer der neuen Situation.
- 1990 aus dem VEB wird eine GmbH.
- 1998 Gesamtvollstreckung.
- Seitdem verfallen das Gelände und die Gebäude.
- 2014 wird anlässlich des Tages der Industriekultur in der Industriebrache eine Veranstaltung mit Filmen, Vorträgen, Lesungen, Foto und Videoshow, die 140 Besucher anlockte, durchgeführt.
- 2016 im Zuge von Neuansiedlungen wird begonnen, die große Halle wieder auszubauen.
Objektbeschreibung: Das Hauptgebäude wurde um 1906 errichtet. In den darauffolgenden Jahrzehnten wurden verschiedene Nebengebäude errichtet, die wiederholt wechselnder Nutzung unterlagen. Das Gelände ist ca. 250 m lang und knapp 100m breit. An der Nordostseite liegt es an der Heinrich-Heine-Straße, an der Südwestseite befindet sich ein Gleisanschluss, der vor allem für die Belieferung mit Rohmaterial wichtig war. Der Direktexport von Motoren oder Diesel-Elektroaggregaten in die Sowjetunion, und andere sozialistische Länder, aber auch ins kapitalistische Ausland wurde im Betrieb vom Zoll abgenommen, in Kisten verpackt und auf Waggons verladen.
Quellen/Literatur/Links:
- Persönliche Dokumente und Informationen von Helmut Liesaus, Ernst Burghardt, Manfred Winkler, Manfred Eidner
- Dokumente als Leihgabe des Heimatmuseums Böhlitz-Ehrenberg
Autoren: Helmut Liesaus, Roger Liesaus
Datum: 26.03.2018
Abbildungen:
- Reformmotorenfabrik1919; Archiv Heimatmuseum Böhlitz-Ehrenberg
- ReformmotorenfabrikKarlHeineStr2013; Roger Liesaus
- Reformmotor1910; Roger Liesaus
- Reformmotor1910Schild; Roger Liesaus
- ReformmotorenAufDerMesse1918; Archiv Heimatmuseum Böhlitz-Ehrenberg
- FlakMunition3,7cmIm2WK; Bundesarchiv
- MaschinenhalleFabrikstr1970erJahre; Archiv Manfred Winkler
- ProspektDieselmotor1970erJahre; Archiv Ernst Burghardt
- Dieselmotorenwerke, große Halle2013; Enno Seifried
- Fabrikansicht2013; Roger Liesaus