Pianoforte-Mechaniken-Fabrik Flemming
vor 1945:
nach 1945:
ab 1972:
Heute:
Adresse:
Ortsteil:
Datierung:
Industriezweig/Branche:
Objektgröße:
Denkmalstatus:
Flügel- und Pianomechaniken-Fabrik Hermann Franz Flemming
bzw. Pianoforte-Mechaniken-Fabrik H. F. Flemming
H. F. Flemming KG
VEB Flügel- und Pianomechaniken, später VEB Pianounion
Ruine bzw. Industriebrache
Franz-Flemming-Straße 41, 04179 Leipzig
Leutzsch
1895
Musikinstrumentenbau, Fabrikation von Klavier- und Flügelmechaniken
Gesamtfläche des Werkes: 22.000 m²
Obj.-Dok.-Nr.: 09291930
Bau- und Firmengeschichte:
Die Flügel- und Pianomechanikenfabrik gründete Franz Flemming im Jahr 1881. Nach kleineren Fabrikationsplätzen in Leutzsch wurde 1896 eine neue Fabrikanlage in der heutigen Franz-Flemming-Straße in Betrieb genommen.
Die Fabrikationsanlage bestand aus diversen Holzschuppen, einem Holzlagerplatz, Räumen für die Holztrocknung und diversen Räumen für die Herstellung von metallischen Halbzeugen sowie dem Bau von Spezialmaschinen. Hinzu kam ein Sägewerk. Die eigentliche Produktion der Mechaniken erfolgte in den Abteilungen Leistenherstellung, Zuschnitt, Bohren und Fräsen. Der nächste Schritt erfolgte in der Garnierabteilung, in der die Holzteile mit allerhand Tuchen, Stoffen, Filzen und Ledern versehen wurden. Danach dann das Zusammenfügen der Einzelteile und schließlich die Komplettierung zu einer Klaviatur.
Die Fabrikanlage bedeckte eine Fläche von circa 22.000 m². Davon waren 650 m² bebaut mit Schuppen zur Unterbringung u. a. der Holzvorräte und circa 3.000 m² mit Fabrikanlagen. 18.350 m² wurden als Lagerplatz genutzt. Diese waren mit Gleisanschluss an die Sächsisch-Thüringische Staatseisenbahn versehen. Zum Entladen der Eisenbahnwaggons war eine Rampe von 130 m Länge vorhanden. Ferner durchzogen Feldbahngleise das Areal nach allen Richtungen. Die Fabrik enthielt auf drei Stockwerken 5.000 m² Arbeitsräume und war mit allen technischen Hilfsmitteln versehen. Besonders war auf größtmögliche Feuersicherheit geachtet worden. Angestellte der Firma unterhielten auch eine eigene Fabrikfeuerwehr.
Die nötige Betriebskraft wurde durch eine 175 PS Hochdruckdampfmaschine erzeugt, für welche zwei Heizkessel den notwendigen Dampf lieferten. Ferner lieferte das Gemeindeverbands-Elektrizitätswerk Leipzig Strom für 50 PS elektromotorische Kraft. Der Abdampf wurde hauptsächlich zur Heizung der Trockenanlagen verwendet, in der kalten Jahreszeit auch zur Erwärmung der Fabrikräume. Eine eigene Lichtzentrale lieferte den elektrischen Strom zur Beleuchtung des Etablissements. Die Fabrik verwendete circa 400 Spezialmaschinen und Apparate, die zumeist der eigenen Maschinenbau-Anstalt entstammen. Das Personal bestand aus 14 kaufmännischen und technischen Angestellten, circa 40 Meistern und Vorarbeitern sowie rund 300 Arbeitern.
Etwa in der Zeit um 1914 wurde Hermann Franz Flemming der Titel eines Kommerzienrates durch den sächsischen König Friedrich August verliehen. Die Fabrikate wurden in alle Erdteile verkauft. Piano- und Flügelmechaniken gingen an die Instrumentenbauer Steinway & Sons, Grotian-Steinweg, Schimmel, August Förster, Julius Blüthner, Niendorf, Bechstein, Rönisch, Julius Feurich, Ibach und an zahllose Abnehmer in Norwegen, Schweden, Finnland, Schweiz, Sowjetunion (Russland), Polen, Österreich, England, Australien und bis zur japanischen Firma Yamaha. Die Produktion des Betriebes betrug um diese Zeit etwa 14.000 Pianomechaniken und 4.500 Flügelmechaniken.
Nach dem Ersten Weltkrieg und nach der Weltwirtschaftskrise war das Produktionsvolumen etwas geringer als zuvor, aber die Firma behielt ihre herausragende Stellung auf dem Gebiet der Herstellung von Mechaniken für Klaviere und Flügel.
Nach 1945 wurde die Produktion wieder angefahren und gegen den Widerstand der staatlichen Organe als privatwirtschaftlicher Betrieb bis 1959 mit unterschiedlichem Erfolg weitergeführt. Im Jahr 1959 wurde eine staatliche Beteiligung an der Firma aufgenommen, wie es zur damaligen Zeit üblich war. Die vollständige Verstaatlichung der Firma erfolgte im Jahr 1972. Danach existierte sie als VEB Flügel- und Pianomechaniken. Später erfolgten diverse Auslagerungen der Produktion und die Eingliederung in den VEB Pianounion. Die Ausstattung an Maschinen und Werkzeugen war am Ende wegen mangelnder Instandhaltung und fehlender Neuinvestition völlig verbraucht bzw. veraltet. Die Firma Flemming existierte da nicht mehr. Nach 1990 versuchten die Alteigentümer einen Neuanfang, der aber aufgrund der Rahmenbedingungen keine Aussicht auf Erfolg hatte.
Quellen/Literatur/Links:
- Geschichte der Firma H. F. Flemming, Leipzig-Leutzsch. Berlin 1914. Ecksteins Biographischer Verlag. http://digi.econbiz.de/viewer/image/1014845408/2/ (letzter Aufruf 21.3.2022)
- Dr. Horst Siegemund: Blicke auf Leutzsch. Leipzig 2022. Bürgerverein Leutzsch e.V. https://www.buergervereinleutzsch.de/buergerverein/neues-vom-buergerverein/100-jahre-leutzsch/
- http://www.albert-gieseler.de/dampf_de/firmen4/firmadet46940.shtml
- www.leipzig-days.de/ehem-pianoforte-mechanik-fabrik-h-f-flemming/
- Fotos und Dokumente der Familie Flemming
Autor: Dr. Horst Siegemund und Frank Heyme
Datum: 25.02.2022