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DUX / Büssing NAG

  • früher: DUX Automobil Werke; Büssing NAG
  • DDR: Instandsetzungswerk Roter Stern
  • heute: Industriebrache

Adresse: Linkelstraße 59, 04159 Leipzig

Stadtteil: Wahren

Industriezweig/Branche/Kategorie:  Maschinenbau, Verkehrswesen

Datierung:  1916

Objektgröße: keine Angabe

Denkmalstatus: Obj.-Dok.-Nr. 09297737

Bau- und Firmengeschichte:

Um
die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert eroberte das Automobil die
Straßen. Die Polyphon Musikwerke erkannten
das Potential dieser technischen Neuerung und gründeten eine eigene Abteilung
zur Herstellung. Durch die
Beziehungen zu dem Polyphon-Gründer
Adolph Brachhausen, der 1892 in die USA auswanderte, konnte das Unternehmen
günstig Lizenzen erwerben und die ersten Automobile nachbauen – allerdings mit
verbessertem Vergaser und Zündung. Unter den Namen „Polymobil“ und
„Gazelle“ wurden die ersten Fahrzeuge 1904 im Kristallpalast Leipzig
präsentiert.

Das
Unternehmen konnte 1908 Gustav Schürmann für sich gewinnen, unter dem eine
völlig neue Ära des Automobilbaus begann. Das Polymobil wurde zu Dux (lat.
„dux“ = Wegweiser, Führer). Es gibt auch Gerüchte, dass die Namenspatin die
Sopranistin Claire Dux war.

1916 wurde auf Betreiben von Schürmann die Kraftwagenabteilung aus der Firma Polyphon herausgelöst und die DUX-AUTO-MOBILWERKE Aktiengesellschaft gegründet. Mitten im Ersten Weltkrieg baute man auch gleich neben den Musikwerken die neue Autofabrik in der Bahnhofsstraße 59, heutige Linkelstraße. Im Verlauf der nächsten Jahrzehnte wurde diese ständig erweitert und erstreckte sich schließlich südlich bis zur Stammerstraße. Bis 1927 baute man vor allem PKW. Aber Schürmann erkannte die Bedeutung von Lastkraftwagen verschiedenster Art und speziell Militärfahrzeuge für den Krieg waren lohnende Aufträge. Auch eine Omnibus-Produktion wurde gestartet.

Durch
die Zusammenlegung mit anderen Firmen entstand 1919 der Deutsche Automobil -Konzern (D.A.K.), später übernahm NAG (Nationale Automobilgesellschaft), eine
Tochter der AEG, die Werke. Die Büssing AG übernahm im Jahr 1931 die
finanziell angeschlagene NAG und
konnte somit eine größere Produktpalette an Nutzfahrzeugen anbieten und zum
Branchenführer aufsteigen. Die Firma firmierte unter dem Namen Büssing-NAG, Vereinigte Nutzkraftwagen AG.
Nach dem Erwerb der Automobilfabrik Franz
Komnick und Söhne AG
wurden deren Fertigungseinrichtungen in Elbing
(Ostpreußen) unter der Bezeichnung Büssing-NAG
Werk Ost
geführt. In Wahren wurden seit Anfang der dreißiger Jahre nun vor
allem Lastkraftwagen der Marke “Büssing” hergestellt, weiter unter
der Leitung von Gustav Schürmann. Natürlich auch wieder für den Zweiten
Weltkrieg. Das Fabrikgelände nannte man im Volksmund auch “bei Büssings“.

In Wahren wurden bis 1945 auch Fahrgestelle für Schützenpanzerwagen und Allrad-LKW für die Wehrmacht hergestellt. Nach dem Krieg folgte die Enteignung. Die Sowjetarmee beschlagnahmte und nutzte nach 1945 das Werk und ließ hier ihre Armeefahrzeuge aller Art Instand setzen. Um 1948 erhielt die Anlage, zu der auch die einstigen Polyphon-Gebäude gehörten, den Namen “Werk ‘Roter Stern”‘. Nach Abzug der sowjetischen Armee 1991 wurden die Werkstätten und ein Teil des Verwaltungsgebäudes abgerissen. Seitdem steht das Objekt leer und verfällt zusehends.

Über
das Werk Roter Stern gibt es nach gegenwärtigen Kenntnissen keine Dokumente in
den Archiven in Deutschland.

Objektbeschreibung:

Von der großen Fabrikanlage der Polyphon Werke AG / Büssing NAG in Wahren ist nicht mehr viel zu sehen. Das Fabrikgelände umfasste ursprünglich etwa das Gebiet Bahnhof Wahren, Linkelstraße, Stammerstraße und angrenzend an das Gelände der Pittler AG. Der letzte Gebäudeteil wurde in den 1990er Jahren abgerissen. An der Linkelstraße ist nur noch das Hauptgebäude der Autowerke zu sehen.

Quellen/Literatur/Links:

Bürgerverein Möckern-Wahren e.V. [Hrsg.]: Das Wahrener Geschichtsbuch (nach Aufzeichnungen von Siegfried Haustein), http://bv-moeckernwahren.de/buch02.html (zuletzt aufgerufen am: 23.1.2021)

Siegfried Haustein: Industriestandort Wahren – zur Geschichte seiner Fabriken. Die erste Fabrik – die Polyphon-Musikwerke. In: Bürgerverein Möckern-Wahren e.V. [Hrsg.]: VIADUKT. Die Bürgerzeitung für Möckern und Wahren. Nr. 63 (Feb. 2003), S. 6; https://docplayer.org/131879143-Die-buergerzeitung-fuer-moeckern-und-wahren.html (zuletzt aufgerufen am 22.03.2021)

https://de.wikipedia.org/wiki/Dux_(Automobilhersteller) (zuletzt aufgerufen am 22.03.2021)

http://www.kfzderwehrmacht.de/Hauptseite_deutsch/Kraftfahrzeuge/Deutschland/Bussing-NAG/8-Rad_PzSpWg_Typ_GS/8-rad_pzspwg_typ_gs.html (zuletzt aufgerufen am 22.03.2021)

http://www.kfzderwehrmacht.de/Hauptseite_deutsch/Kraftfahrzeuge/Deutschland/Bussing-NAG/Bussing-NAG_4500_A/bussing-nag_4500_a.html (zuletzt aufgerufen am 22.03.2021)

http://www.aefl.de/ordld/Komnick/Neu171204/07/komnick_7.htm (zuletzt aufgerufen am 22.03.2021)

https://www.industrie-kultur-ost.de/datenbanken/ruinen-datenbank/dux-automobilwerke-leipzig/ (zuletzt aufgerufen am 29.03.2021)

https://geheimtipp-leipzig.de/autos-aus-der-kaserne/ (zuletzt aufgerufen am 22.03.2021)

Autor/in:        Frank Heyme, Kathrin
Töpfer

Datum:           März 2020, Februar 2021

Abbildungen folgen





DIMO

Titel des Objekts: VEB Dieselmotorenwerk Leipzig (DML, DIMO) | Reformmotorenfabrik

Adresse: Leipzig, Heinrich-Heine-Straße 35

Stadtteil: Böhlitz-Ehrenberg

Industriezweig/Branche/Kategorie: Maschinenbau/Motorenbau

Kurzcharakteristik: Mittelständiges Unternehmen zur Herstellung von Dieselmotoren, später von kompletten Notstromaggregaten.

Datierung: am Standort von 1906 bis 1998

Objektgröße: ca. 20.000 m²

Ursprüngliche Nutzung: Reform-Motorenfabrik 1906 bis 1934

Heutige Nutzung: Industriebrache/ Lagerräume/ Neuansiedlung kleiner Firmen

Bau- und Firmengeschichte:

  • 01.09.1901 Wilhelm Meyer und Wilhelm Hanke gründen in Leipzig-Plagwitz Carl Heinestrasse 35, diagonal gegenüber dem gerade neu gebauten Felsenkeller, die Automobil-Werke Leipzig GmbH.
  • 1904 Umfirmierung in Reform-Motoren-Fabrik G.m.b.H.
  • 1906 zieht das Unternehmen nach Böhlitz-Ehrenberg in ein neu errichtetes Firmengebäude.
  • 1914 bis 1918 die Firma stellt während des 1.Weltkrieges Granaten her, der Motorenbau wird eingestellt.
  • 1920 Wilhelm Meyer wechselt in den Aufsichtsrat und Wilhelm Hanke ist nun alleiniger Geschäftsführer. Es werden drei Prokuristen bestellt.
  • 1934 wird die Firma verkauft und heißt nun H.K. Heise GmbH Maschinenbau.
  • 1935 bis 1945 H.K. Heise GmbH Maschinenbau hat auf Kriegsproduktion umgestellt und fertigt Teile für die Flugzeugindustrie (Zahnräder für die Erla Werke) und Granaten 3,7cm Flak und größere Kaliber.
  • Nach Ende des Zweiten Weltkriegs arbeitete der bedeutende Motorenentwickler Prof. Alfred Jante von 1945 bis 1946 zunächst als Technischer Leiter der H. K. Heise Maschinenbau GmbH in Böhlitz-Ehrenberg bei Leipzig. Die Firma wird 1946 enteignet und wird volkseigener Betrieb. Es werden wieder Dieselmotoren hergestellt.
  • 1958 im Rahmen der internationalen Hilfe werden aus dem Irak und dem Sudan junge Leute in der Dimo zu Schlossern ausgebildet.
  • Entwicklung der Betriebsstruktur und Produktionskapazität ab 1960 und den Folgejahren. Die Belegschaft wächst auf ca. 500 Mitarbeiter.
  • Für die Steigerung der Produktivität und Effektivität erfolgt eine Arbeitsteilung zwischen den Kombinatsbetrieben und eine Spezialisierung der Betriebe auf bestimmte Baugruppen bzw. Bauteile. Im DML werden die Finalerzeugnisse Dieselmotoren und Diesel–Elektroaggregate weiterhin produziert und die Spezialisierung auf Pleuelstangen und Nockenwellen ausgebaut. Die Lieferung der Teile und Baugruppen erfolgt an folgende Werke: Kombinatsstammbetrieb SKL Magdeburg, Elbewerk Rosslau, Motorenwerk Berlin Johannisthal, Motorenwerk Cunewalde und Einspritzgerätewerk Aken.
  • Um die Produktionsvoraussetzungen zu schaffen und zu erweitern, werden zusätzliche Grundstücke und Gebäude erworben. In der Fabrikstraße 19 werden zunächst Hallen im Barackenstil aufgebaut und in den 1970er Jahren dann große Betonmassivbauten errichtet. In der Heinrich-Heine-Straße werden das Gelände und Gebäude der Baufirma Pfeiffer, der ehemalige Kohlenhof und das Papierverarbeitungswerk übernommen. Dort entstehen Sozial- bzw. Verwaltungsräume, sowie Produktionsräume und eine Hochregal-Lagerhalle. Zwei weitere Betriebe werden dem DML angeschlossen und ausgebaut: der Stahl- und Metallbau in Kühren (ca. 50 Arbeitskräfte) und der SKL–Betriebsteil in Oberlungwitz (ca. 190 Arbeitskräfte).

Erzeugnisentwicklung und Produktpalette

1972 bis 1989 Antriebsmotoren für Fluß- und Binnenseeschiffe, Diesel-Elektroaggregate, als Hilfsaggregate für Hochseeschiffe, Notstromaggregate mit automatischem Start für Hochseeschiffe, Krankenhäuser, Hotels und Gewächshäuser, Diesel-Elektroaggregate für Kühlzüge (diese werden im Waggonbau Dessau für den SU- Export verbaut, ca. 150-200 Stck./Jahr), Diesel-Elektroaggregate mit Motoren von ROBUR Zittau für autonome Maschinenkühlwagen (diese werden ebenfalls im Waggonbau Dessau für den SU-Export verbaut, ca. 600 – 1000 Stck./ Jahr geeignet für Startbedingungen bei minus 40 °C)

Im Jahr 1986 erfolgt vom Ministerium für DML eine Freigabe von 15 Millionen DM zum Import von Maschinen aus dem kapitalistischen Ausland, bzw. der BRD. Dafür werden von fünf Firmen aus der BRD hochproduktive, zum Teil automatisierte Sondermaschinen für die Pleuelstangen- und Nockenwellenproduktion geplant und beschafft. Diese Maschinen und Anlagen werden 1989 und 1990 geliefert und installiert. Sie kommen noch für kurze Zeit erfolgreich zum Einsatz und werden dann, wie der gesamte Betrieb, Opfer der neuen Situation.

  • 1990 aus dem VEB wird eine GmbH.
  • 1998 Gesamtvollstreckung.
  • Seitdem verfallen das Gelände und die Gebäude.
  • 2014 wird anlässlich des Tages der Industriekultur in der Industriebrache eine Veranstaltung mit Filmen, Vorträgen, Lesungen, Foto und Videoshow, die 140 Besucher anlockte, durchgeführt.
  • 2016 im Zuge von Neuansiedlungen wird begonnen, die große Halle wieder auszubauen.

Objektbeschreibung: Das Hauptgebäude wurde um 1906 errichtet. In den darauffolgenden Jahrzehnten wurden verschiedene Nebengebäude errichtet, die wiederholt wechselnder Nutzung unterlagen. Das Gelände ist ca. 250 m lang und knapp 100m breit. An der Nordostseite liegt es an der Heinrich-Heine-Straße, an der Südwestseite befindet sich ein Gleisanschluss, der vor allem für die Belieferung mit Rohmaterial wichtig war. Der Direktexport von Motoren oder Diesel-Elektroaggregaten in die Sowjetunion, und andere sozialistische Länder, aber auch ins kapitalistische Ausland wurde im Betrieb vom Zoll abgenommen, in Kisten verpackt und auf Waggons verladen.

Quellen/Literatur/Links:

  • Persönliche Dokumente und Informationen von Helmut Liesaus, Ernst Burghardt, Manfred Winkler, Manfred Eidner
  • Dokumente als Leihgabe des Heimatmuseums Böhlitz-Ehrenberg

Autoren: Helmut Liesaus, Roger Liesaus

Datum: 26.03.2018

Abbildungen:

  • Reformmotorenfabrik1919; Archiv Heimatmuseum Böhlitz-Ehrenberg
  • ReformmotorenfabrikKarlHeineStr2013; Roger Liesaus
  • Reformmotor1910; Roger Liesaus
  • Reformmotor1910Schild; Roger Liesaus
  • ReformmotorenAufDerMesse1918; Archiv Heimatmuseum Böhlitz-Ehrenberg
  • FlakMunition3,7cmIm2WK; Bundesarchiv
  • MaschinenhalleFabrikstr1970erJahre; Archiv Manfred Winkler
  • ProspektDieselmotor1970erJahre; Archiv Ernst Burghardt
  • Dieselmotorenwerke, große Halle2013; Enno Seifried
  • Fabrikansicht2013; Roger Liesaus