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J.G. Schöne & Sohn Maschinenfabrik

ab 1850:
– ab 1857:
– ab 1859:
ab 1862:
– ab 1921:
– ab 1928
nach 1945 / DDR:
heute:
Mühlen- und Maschinenbau-Werkstatt F. M. Fritzsch
Fritzsch & Großer
Schöne & Großer
J.G. Schöne & Sohn
Holzbearbeitungsmaschinenfabrik Hansa Karl Jurisch 
Auto-Werkstatt & -Handel Karl Wirth
Auto-Reparatur-Werkstatt, Wäscherei und andere kleine Firmen
Nutzung eines Restteils als Kultureinrichtung Garage-Ost
Adresse:  Hermann-Liebmann-Str. 67 (früher: Konradstraße 36-38), 04317 Leipzig
Ortsteil: Neustadt-Neuschönefeld
Datierung: ab 1857; ältestes bestehendes Gebäude von 1870
Industriezweig/Branche: Werkzeug-Maschinenbau, Gießerei
Objektgröße: unbekannt (geschätzt ca. 2.000 m²)
Denkmalstatus: Obj.-Dok.-Nr.: 09293582

Bau- und Firmengeschichte:

Um das Jahr 1850 gründet F. M. Fritzsch in Volkmarsdorf, Nr. 88a, eine Mühlen- und Maschinenbau-Werkstatt. Die Werkstatt ist bald zu klein, deshalb zieht die Firma im Jahr 1857 unter dem Namen Fritzsch & Großer in die damalige Sophienstraße 129/130 der Nachbargemeinde Neuschönefeld um. Johann Gottfried Schöne, Hosenträger-Fabrikant in Großröhrsdorf bei Radeberg, kauft im September 1859 die Maschinenfabrik und führt sie unter dem neuen Firmennamen Schöne & Großer fort. Neuer Besitzer wird sein 21jähriger Sohn Gustav Otto Schöne, der aber bereits im Oktober desselben Jahres verstirbt. Carl August Großer scheidet im Jahr 1862 als Teilhaber aus. Die Maschinenfabrik und Eisengießerei (ab 1860) firmiert zukünftig unter der neuen Bezeichnung J.G. Schöne & Sohn und Johann Gottfried Schöne, Fabrikant in Großröhrsdorf, und sein Sohn Samuel Ernst Schöne, in Neuschönefeld, werden als Inhaber ins Leipziger Handelsregister eingetragen.

Historische Abbildung der Maschinenfabrik J.G. Schöne & Sohn aus dem Jahr 1890 |
Quelle: Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild. Erster Theil. Leipzig 1892, S. 282/283

Im Juni 1863 wird eine kleine Eisen- und Messing-Gießerei und 1869/70 ein großes, etwa 36 Meter langes, dreigeschossiges Fabrikgebäude direkt an der Sophienstraße errichtet. Ab 1870 spezialisiert sich die Firma auf den Werkzeugmaschinenbau und die Herstellung von Maschinen zur Metallbearbeitung (u. a. Hobelmaschinen, Bohrmaschinen, Drehbänke, Fräsmaschinen).

Im Jahr 1873 verfügt die Werkzeugmaschinenfabrik über 110 Arbeiter und eine Dampfmaschine (30 PS). Nach dem Tod von Ernst Schöne übernimmt im Jahr 1875 seine Frau Agnes Pauline, geb. Schöne, die Firma. 1890 sind 200 Arbeiter im Unternehmen beschäftigt und es wird ein neuer Anbau an der Ecke zum Kirchweg errichtet. Die Leitung der Firma übernimmt Ingenieur Otto Müller, der zweite Ehemann von Agnes Schöne.

In den Jahren 1917 und 1920 laufen Konkursverfahren der Werkzeug-Maschinenfabrik und Gießerei J. G. Schöne & Sohn. Das Fabrikgebäude wird anschließend aufgegeben und die Firma aufgelöst.

Objektbeschreibung:

Die frühere Fabrikanlage befand sich im Gelände zwischen der früheren Kirch-, Sophien-, Rosen- und Clarastraße, das entspricht der heutigen Hermann-Liebmann-, Konradstraße und einem Teil des Freizeitparks Rabet.

In den 1950er/60er-Jahren wurde ein Großteil der Gebäude auf dem Areal abgerissen. Nur an der Ecke Hermann-Liebmann-/Konradstraße blieben ein Teil der alten Fabrikhalle aus dem Jahr 1870 sowie ein Anbau aus dem Jahr 1890 stehen. Die beiden Obergeschosse wurden 1967 abgetragen. Bis zum Jahr 2022 wurden diese beiden Restgebäude teilsaniert und sollen einer neuen soziokulturellen Nutzung zugeführt werden.  

Ecke Liebmann-/ Konradstraße | Foto: Harald Stein, Februar 2022

Quellen/Literatur/Links:

Autor/in:         Harald Stein
Datum:            30.11.2022




Hoh & Hahne / Hohlux

ab 1899:
DDR:
Hoh & Hahne, Markenname: HOHLUX
VEB Polygraph Reprotechnik
heutige Nutzung: Hauptgebäude als Ruine, Nebengebäude z.T. abgerissen
Adresse:  Georg-Schwarz-Straße 185, 04179 Leipzig
Ortsteil: Leutzsch
Datierung: 1899 gegründet, nach 1990 Stilllegung des Werke
Industriezweig/Branche: Maschinenbau, Herstellung von optischen Erzeugnissen (Fotoindustrie)
Objektgröße: Grundstücksgröße: 10.260 m² (Flurstück: Leutzsch * 436/5)
Denkmalstatus: denkmalgeschützt, Obj.-Dok.-Nr.: 09298615

Bau- und Firmengeschichte:

August Hermann Hoh und Friedrich Hahne gründeten 1899 eine Firma zur Herstellung von Repro- und Plattenkameras sowie “Lux”-Trockenplatten. Ab 1926 produzierten sie Reproduktions-Apparate unter der Marke Hohlux . Im Jahr 1929 erfolgte der Umzug in das Gebäude der OMEGA Werke in Leutzsch. Die Produktion umfasste fotomechanische Apparate und Hilfsmittel, u.a. Reproduktionskameras und Chemikalien. Die Repro-Einrichtungen erlangten wegen ihrer ausgezeichneten Funktion Weltgeltung. Die Umwandlung in eine Kommanditgesellschaft (KG) erfolgte 1941.

Es ist nicht dokumentiert, was während des Zweiten Weltkriegs hergestellt wurde, aber produziert wurde wohl auch für die Junkers Flugzeugwerke und die Wehrmacht. Auch ist davon auszugehen, dass Hoh & Hahne Zwangsarbeiter beschäftigte, da die Firma im Verzeichnis der NS-Zwangsarbeiterlager und -Gemeinschaftsunterkünfte aufgeführt ist.

Teile des Werkes wurden in der direkten Nachkriegszeit als Reparationsleistung von der Sowjetischen Besatzungsmacht demontiert. Seit 1950 stand die Firma unter treuhändischer Verwaltung und wurde 1953 ein Betrieb mit staatlicher Beteiligung, seit 1956 in der Rechtsträgerschaft der Deutschen Investitionsbank. Die Firma Hoh & Hahne wird 1962 aus dem Handelsregister gelöscht. Die Produktion und das Gebäude wurden als Omega Werke in den VEB Polygraph Reprotechnik überführt, die Druckmaschinen produzierte. Der VEB Polygraph wurde 1990 in eine GmbH umgewandelt und das Werk in Leipzig-Leutzsch stillgelegt.


Objektbeschreibung:

Das Fabrikgebäude in der Georg-Schwarz-Straße 185 in Leutzsch wurde 1910 für die OMEGA Leipziger Metallfadenlampenfabrik (auch: OMEGA – Metallfaden und Glühlampen) gebaut. Die Architekten Schmidt & Johlige entwarfen ein außerordentlich modernes Gebäude im Reformstil mit halbkreisförmigem Treppenhaus, in dem auch die Umkleideräume angeordnet waren. Die Arbeits- und Kontorräume waren lichtdurchflutet und das Gesamtensemble stellte einen Meilenstein für moderne Industriearchitektur dar. 1929 bezog die Photographischen Fabrik Hoh & Hahne das Gebäude. Nach Enteignung der Firma nach 1945 wurden die Gebäude durch die nun mehr und mehr staatlichen Nachfolgeunternehmen genutzt. Ein Teil der Fabrikgebäude sind mittlerweile abgerissen. Das denkmalgeschützte Hauptgebäude verfällt durch Leerstand zunehmend. Es soll unter Zwangsversteigerung stehen und wird in die Neugestaltung der „Leutzsch Brücken“ einbezogen, die bis 2026 abgeschlossen sein soll.

Laut Einleitung in den Bestand der Firma Hoh & Hahne im Sächsischen Staatsarchiv sind mehrere Fotoalben aus den 1930er Jahren, auch mit Aufnahmen des Fabrikgebäudes, erhalten. (Bestand: Sächsisches Staatsarchiv, 20787 Hoh & Hahne, Reproduktionstechnik, Leipzig, Nr. 015)

Quellen/Literatur/Links:

Autor/in: Frank Heyme

Datum: 26.3.2020 / Überarbeitet: November 2021 (Corinna Klußmann)




Polyphon

  • früher: Polyphon Musik Werke AG
  • DDR: Werk Roter Stern
  • heute: Industriebrache

Adresse: Linkelstraße 61, 04159 Leipzig

Stadtteil: Wahren

Industriezweig/Branche/Kategorie: Maschinenbau, Feinmechanik, Musikinstrumente.

Datierung: 1887 bis in die 1920er Jahre

Bau- und Firmengeschichte:

Die Polyphon-Musikwerke wurden im Jahre 1887 als Brachhausen & Rießner in Wahren von Adolph Brachhausen und Ernst Paul Rießner gegründet. Beide waren bis zu diesem Zeitpunkt für die Fabrik Lochmannscher Musikwerke (später: Symphonion) tätig.

Neu war die Fabrikation von mechanischen Musikapparaten auf der Basis von genoppten und gelochten Metallplatten statt der bisherigen Walzen mit Stiften. Das Unternehmen Brachhausen & Rießner stellte das „Polyphon“ auf der Leipziger Herbstmesse 1890 vor. Das Warenzeichen – eine Frau mit Lyra und Lorbeerkranz unter einem Kometen – wurde 1891 registriert. Zwischen 1890 und 1894 meldete das Unternehmen insgesamt sieben Patente und zwölf Gebrauchsmuster an. Bei der Weltausstellung 1894 in Antwerpen erhielten die Apparate eine Silbermedaille.

Die Firma agierte zunehmend weltweit, speziell in den USA. Brachhausen verließ das Unternehmen 1892 und siedelte in die USA über, wo er in New Jersey sein Unternehmen Regina Music Box Company gründete – und damit für den Aufschwung der dortigen Musikwerke-Industrie sorgte. Die „Regina“-Apparate wurden nach Wahrener Modellen hergestellt.

Die umfangreiche Leipziger Modellpalette reichte von winzigen, in der Hand gehaltenen Geräten bis zu aufrechtstehenden, bis zu zwei Meter hohen Schränken. Die größeren wurden als Münzautomaten in Gaststätten aufgestellt. Der Kunde konnte nach dem Einwurf einer Münze aus zwölf Melodien auswählen. Diese wurde dann automatisch aus dem Magazin in den Spielmechanismus gehoben, abgespielt und wieder verstaut.

Das Fabrikgelände an der Linkelstraße in Wahren wurde 1893 bebaut und in Betrieb genommen. Im Mai 1895 erfolgte die Umfirmierung in die Polyphon Musikwerke AG. Im Juli 1899 kam es zu einem großen Brand in der Fabrik. Polyphon beschäftigte zu dieser Zeit ungefähr 800 Mitarbeiter und erreichte eine Jahresproduktion von 40.000 Instrumenten. Im Jahr 1906 waren es bereits 1000 Arbeiter. Bis zur Jahrhundertwende war die Firma der größte Produzente von Plattenpielautomaten in Europa. Bald sanken die Erlöse und die Produktpalette wurde erweitert, u.a. mit Piano-Orchestrions und Schreibmaschinen. Ab 1904 expandierte Polyphon im Bereich Automobilproduktion. Das erste Modell namens „Polymobil” wurde 1906 auf den Markt gebracht.

Die erste unzerbrechliche Schallplatte aus Metallblech mit Zelluloidüberzug stellten die Polyphon Musikwerke im Jahr 1904 her. Die Eintragung der Marke Polydor erfolgte am 25. Juli 1914. Unter dieser Marke wurden Musikinstrumente, Noten, Walzen, Schallplatten und Apparate.

Die Autoherstellung mit dem Markennamen “Dux” wurde 1916 in die selbständige Firma DUX-Automobil-Werke AG ausgegliedert und erhielt ein eigenes Werk auf einem benachbarten Grundstück.

Am 24. April 1917 erwarb die Polyphon Musikwerke AG die Aktien der Deutsche Grammophon AG und änderte den Firmennamen in Polyphonwerke AG. In diesem Zusammenhang steht auch die Etablierung der Firmenzentrale in Berlin.

Durch die Fusion mit der Deutschen Grammophon AG kam es zu einer zunehmenden Verlagerung der Geschäftsaktivitäten hin zu den Tonträgern Schellackplatte bzw. zur Produktion von Grammophonen mit denen Schellackplatten abgespielt werden konnten. Die Firma wird in den 1930er Jahren als Deutsche Grammophon AG in Leipzig geführt, bis diese 1937 aufgelöst wurde. Durch die Verbreitung des Radios waren die Absatzchancen für Grammophone und Co. stark gesunken. Ende der 1930er Jahre wurde ein Teil des Firmengeländes an die Pittler AG verkauft.

„Das Funktionsprinzip der Polyphon-Lochplatte besteht in einer Metallplatte mit eingestanzten länglichen Löchern, die auf der Unterseite kleine Haken bilden. Diese Haken drehen ihrerseits an mit Zähnen versehenen Rädchen, die Metalllamellen am sogenannten Stimmkamm anreißen, und so einen Ton erzeugen. Das Polyphon war mit einem Federwerk versehen, das mit einer Kurbel aufgezogen werden musste. Die Melodien waren auf Lochplatten aufgebracht, die leicht ausgetauscht werden konnten. Lochplatten gab es in verschiedenen Größen und mit unterschiedlich langer Spieldauer. Beispielsweise hatte eine Lochplatte mit 28 cm Durchmesser eine Spieldauer von ungefähr einer Minute.” (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Polyphon_(Musikautomat), aufgerufen am 14.7.2021)

Objektbeschreibung:

Von der großen Fabrikanlage der Polyphon Werke AG in Wahren ist nicht mehr viel zu sehen. Das Fabrikgelände umfasste ursprünglich etwa das Gebiet Bahnhof Wahren, Linkelstraße, Stammerstraße und angrenzend an das Gelände der Pittler AG. Der letzte Gebäudeteil wurde in den 1990er Jahren abgerissen. An der Linkelstraße ist nur noch das Hauptgebäude der späteren Autowerke zu sehen.

Quellen/Literatur/Links:

Siegfried Haustein: Das Wahrener Geschichtsbuch. Hrsg. vom Bürgerverein Möckern/Wahren e. V. Leipzig, 2014

https://de.wikipedia.org/wiki/Polyphon_(Musikautomat) (zuletzt aufgerufen am 29.03.2021)

https://www.lvz.de/Leipzig/Lokales/Weitsicht-rettete-Polyphon-ueber-die-Krise (zuletzt aufgerufen am 29.03.2021)

https://geheimtipp-leipzig.de/von-der-lochplatte-zum-laster/ (zuletzt aufgerufen am 29.03.2021)

https://www.alte-spieluhren.de/lochplatten_spieldosen.htm (zuletzt aufgerufen am 29.03.2021)

https://mfm.uni-leipzig.de (zuletzt aufgerufen am 29.03.2021)

http://lexikon.musica-mechanica.de/detail.php?id=70 (zuletzt aufgerufen am 29.03.2021)

https://geheimtipp-leipzig.de/autos-aus-der-kaserne/ (zuletzt aufgerufen am 29.03.2021)

Autor/in:        Frank Heyme, Kathrin Töpfer, Corinna Klußmann

Datum:           März 2021

Weitere Abbildungen folgen





DUX / Büssing NAG

  • früher: DUX Automobil Werke; Büssing NAG
  • DDR: Instandsetzungswerk Roter Stern
  • heute: Industriebrache

Adresse: Linkelstraße 59, 04159 Leipzig

Stadtteil: Wahren

Industriezweig/Branche/Kategorie:  Maschinenbau, Verkehrswesen

Datierung:  1916

Objektgröße: keine Angabe

Denkmalstatus: Obj.-Dok.-Nr. 09297737

Bau- und Firmengeschichte:

Um
die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert eroberte das Automobil die
Straßen. Die Polyphon Musikwerke erkannten
das Potential dieser technischen Neuerung und gründeten eine eigene Abteilung
zur Herstellung. Durch die
Beziehungen zu dem Polyphon-Gründer
Adolph Brachhausen, der 1892 in die USA auswanderte, konnte das Unternehmen
günstig Lizenzen erwerben und die ersten Automobile nachbauen – allerdings mit
verbessertem Vergaser und Zündung. Unter den Namen „Polymobil“ und
„Gazelle“ wurden die ersten Fahrzeuge 1904 im Kristallpalast Leipzig
präsentiert.

Das
Unternehmen konnte 1908 Gustav Schürmann für sich gewinnen, unter dem eine
völlig neue Ära des Automobilbaus begann. Das Polymobil wurde zu Dux (lat.
„dux“ = Wegweiser, Führer). Es gibt auch Gerüchte, dass die Namenspatin die
Sopranistin Claire Dux war.

1916 wurde auf Betreiben von Schürmann die Kraftwagenabteilung aus der Firma Polyphon herausgelöst und die DUX-AUTO-MOBILWERKE Aktiengesellschaft gegründet. Mitten im Ersten Weltkrieg baute man auch gleich neben den Musikwerken die neue Autofabrik in der Bahnhofsstraße 59, heutige Linkelstraße. Im Verlauf der nächsten Jahrzehnte wurde diese ständig erweitert und erstreckte sich schließlich südlich bis zur Stammerstraße. Bis 1927 baute man vor allem PKW. Aber Schürmann erkannte die Bedeutung von Lastkraftwagen verschiedenster Art und speziell Militärfahrzeuge für den Krieg waren lohnende Aufträge. Auch eine Omnibus-Produktion wurde gestartet.

Durch
die Zusammenlegung mit anderen Firmen entstand 1919 der Deutsche Automobil -Konzern (D.A.K.), später übernahm NAG (Nationale Automobilgesellschaft), eine
Tochter der AEG, die Werke. Die Büssing AG übernahm im Jahr 1931 die
finanziell angeschlagene NAG und
konnte somit eine größere Produktpalette an Nutzfahrzeugen anbieten und zum
Branchenführer aufsteigen. Die Firma firmierte unter dem Namen Büssing-NAG, Vereinigte Nutzkraftwagen AG.
Nach dem Erwerb der Automobilfabrik Franz
Komnick und Söhne AG
wurden deren Fertigungseinrichtungen in Elbing
(Ostpreußen) unter der Bezeichnung Büssing-NAG
Werk Ost
geführt. In Wahren wurden seit Anfang der dreißiger Jahre nun vor
allem Lastkraftwagen der Marke “Büssing” hergestellt, weiter unter
der Leitung von Gustav Schürmann. Natürlich auch wieder für den Zweiten
Weltkrieg. Das Fabrikgelände nannte man im Volksmund auch “bei Büssings“.

In Wahren wurden bis 1945 auch Fahrgestelle für Schützenpanzerwagen und Allrad-LKW für die Wehrmacht hergestellt. Nach dem Krieg folgte die Enteignung. Die Sowjetarmee beschlagnahmte und nutzte nach 1945 das Werk und ließ hier ihre Armeefahrzeuge aller Art Instand setzen. Um 1948 erhielt die Anlage, zu der auch die einstigen Polyphon-Gebäude gehörten, den Namen “Werk ‘Roter Stern”‘. Nach Abzug der sowjetischen Armee 1991 wurden die Werkstätten und ein Teil des Verwaltungsgebäudes abgerissen. Seitdem steht das Objekt leer und verfällt zusehends.

Über
das Werk Roter Stern gibt es nach gegenwärtigen Kenntnissen keine Dokumente in
den Archiven in Deutschland.

Objektbeschreibung:

Von der großen Fabrikanlage der Polyphon Werke AG / Büssing NAG in Wahren ist nicht mehr viel zu sehen. Das Fabrikgelände umfasste ursprünglich etwa das Gebiet Bahnhof Wahren, Linkelstraße, Stammerstraße und angrenzend an das Gelände der Pittler AG. Der letzte Gebäudeteil wurde in den 1990er Jahren abgerissen. An der Linkelstraße ist nur noch das Hauptgebäude der Autowerke zu sehen.

Quellen/Literatur/Links:

Bürgerverein Möckern-Wahren e.V. [Hrsg.]: Das Wahrener Geschichtsbuch (nach Aufzeichnungen von Siegfried Haustein), http://bv-moeckernwahren.de/buch02.html (zuletzt aufgerufen am: 23.1.2021)

Siegfried Haustein: Industriestandort Wahren – zur Geschichte seiner Fabriken. Die erste Fabrik – die Polyphon-Musikwerke. In: Bürgerverein Möckern-Wahren e.V. [Hrsg.]: VIADUKT. Die Bürgerzeitung für Möckern und Wahren. Nr. 63 (Feb. 2003), S. 6; https://docplayer.org/131879143-Die-buergerzeitung-fuer-moeckern-und-wahren.html (zuletzt aufgerufen am 22.03.2021)

https://de.wikipedia.org/wiki/Dux_(Automobilhersteller) (zuletzt aufgerufen am 22.03.2021)

http://www.kfzderwehrmacht.de/Hauptseite_deutsch/Kraftfahrzeuge/Deutschland/Bussing-NAG/8-Rad_PzSpWg_Typ_GS/8-rad_pzspwg_typ_gs.html (zuletzt aufgerufen am 22.03.2021)

http://www.kfzderwehrmacht.de/Hauptseite_deutsch/Kraftfahrzeuge/Deutschland/Bussing-NAG/Bussing-NAG_4500_A/bussing-nag_4500_a.html (zuletzt aufgerufen am 22.03.2021)

http://www.aefl.de/ordld/Komnick/Neu171204/07/komnick_7.htm (zuletzt aufgerufen am 22.03.2021)

https://www.industrie-kultur-ost.de/datenbanken/ruinen-datenbank/dux-automobilwerke-leipzig/ (zuletzt aufgerufen am 29.03.2021)

https://geheimtipp-leipzig.de/autos-aus-der-kaserne/ (zuletzt aufgerufen am 22.03.2021)

Autor/in:        Frank Heyme, Kathrin
Töpfer

Datum:           März 2020, Februar 2021

Abbildungen folgen





Baumberger & Co. KG

früher: Otto Baumberger & Co. KG
DDR: VEB Tachometerwellen- und Maschinenbau Leipzig
bis 2007: TAFLEXA – Biegsame Wellen GmbH / “Wellenwerk”
heute: Wohnungen

Adresse: Clausbruchstraße 5-7 (ehem. Kirchbergstraße), 04159 Leipzig

Ortsteil: Wahren

Industriezweig/Branche/Kategorie: Maschinenbau, Fahrzeugbau; heute Wohnungen

Datierung: ab 1892 (erbaut durch den Fabrikanten Richard Lindner)

Bau- und Firmengeschichte:

  • 1935 Gründung der Otto Baumberger & Co. KG in Leipzig durch Otto Baumberger, Ingenieur Gottweiß und Ing. Heß. Das Unternehmen spezialisierte sich zunächst auf Pelzverarbeitungsmaschinen. Bald erweiterten sie ihr Programm auf Stahlfedern. Produktionsprogramm: Technische Federn und Maschinen für die Rauchwarenindustrie.
  • 1937 Einzug von Otto Barmberger und Herrn Heß in das architektonisch interessante Fabrikgebäude Claußbruchstraße 5-7
  • 1939 Die Firma Baumberger & Co kauft das Grundstück und die Gebäude in der Clausbruchstraße 5-7
  • nach 1945 wurden Gebrauchsgegenstände hergestellt, wie u. a. Tiegel, Feuerhaken, Tabletts, Zigarettenetuis
  • 1946 Statt die Anlagen zu demontieren, forderte die sowjetische Militärbehörde die Entwicklung und Produktion von Tachometerwellen, was nach Bewältigung einiger Probleme auch gelang. Zudem gab sie militärische Gegenstände in Auftrag wie Gewehrstäbe, Ölpinselbüchsen, technische Federn usw.
  • 1952 begann die Fertigung von Tachometerwellen für die Fahrzeugindustrie der DDR
  • 1958 wird die Firma halbstaatlich
  • 1960 feierte man das 25jährige Firmenjubiläum
  • 1969 Auslagerung der Federnproduktion zugunsten der Tachometerwellenproduktion
  • 1972 endgültige Verstaatlichung und Weiterführung als VEB Tachometerwellen- und Maschinenbau Leipzig
  • 1989 Einstellung des Maschinenbaus
  • 1990 Übernahme durch die Treuhandgesellschaft als Tachometerwellen- und Maschinenbau GmbH Produktionsprogramm: Tachometerwellen
  • 1993 Reprivatisierung des Unternehmens
  • 1998 Gründung der TAFLEXA – Biegsame Wellen GmbH als Weiterführung des traditionsreichen Leipziger Familienunternehmens
    Produktionsprogramm: Biegsame Wellen, Seil- und Bowdenzüge, Druck-Zug-Betätigungen in Einzel- und Kleinserienfertigung
  • 2007 Umzug an neuen Produktionsstandort in Leipzig

Objektbeschreibung:
Die Fabrikanlage mit Wohnhaus, Fabrikgebäude und Nebengebäuden wurde ab 1870 für die Richard Lindner Dampf-Rauchwaren-Färberei und Zurichterei direkt am Ufer der Weißen Elster erbaut.
Bauten zwischen 1893 bis 1902 von Polster & Höhne geplant und ausgeführt.
Die Fassade besteht aus rotem Klinker mit gelber Klinkergliederung. Das Wohnhaus weist eine Putz- und Sandsteingliederung auf. Wohn- und Fabrikgebäude haben ein aufgesetztes Türmchen.
Nach 2007 Sanierung und Umgestaltung zu einer Wohnanlage durch Hansa Real Estate unter Architekt Hohmuth & Partner,

Quellen/Literatur/Links:

  • Siegfried Haustein: Das Wahrener Geschichtsbuch, S.111 ff
  • Gormsen, Niels; Kühne, Armin: Leipzig Stadt des Wandels, Passage-Verlag Leipzig, 3. Auflage 2015
  • TAFLEXA – Biegsame Wellen GmbH; Firmenhistorie

Autor: Frank Heyme, März 2020

Überarbeitung: C. Klußmann, März 2022




Hanns und Römer Maschinenfabrik

Titel des Objekts: Hanns und Römer Maschinenfabrik

Später: VEB Forschung und Rationalisierung Leipzig [FoRa] im VEB Kombinat Süßwaren Delitzsch

Adresse: Leipzig, Dreilindenstraße 4-6

Ortsteil: Lindenau

Industriezweig/Branche/Kategorie: Maschinenbau, Fabrikation von Maschinen für die Nahrungsmittelindustrie

Kurzcharakteristik: Mittelständisches Unternehmen zur Herstellung von Walzmaschinen und kompletter Produktionslinien für Süßwaren

Datierung: gegründet 1907

Ursprüngliche Nutzung: Gießkannenfabrik, Waschanstalt, Buchdruckerei H. Schmidt (nicht abschließend geklärt)

Heutige Nutzung: Industriebrache/ Ruine

Denkmalstatus: Obj.-Dok.-Nr. 09261135; “Fabrikhalle in rückwärtiger Lage; ehemals auch straßenbegleitendes Mietshaus in geschlossener Bebauung (Nr. 4, Flurstück 301, mit Läden und Tordurchfahrt, elegante Jugendstil-Putzfassade), Werkhalle bekannt als sogenannte Boxerhalle, baugeschichtliche Bedeutung”

Bau- und Firmengeschichte:

Die Firma Hanns und Römer Maschinenfabrik wird 1907 gegründet. Eigentümer sind Arthur Hanns und Eugen Römer. Die Firma stellt Maschinen für die Nahrungsmittelindustrie her, zur Herstellung von Bonbons bzw. Schokolade. Eine weltbekannte Spezialität entsteht durch die Entwicklung der patentierten Produktionsmaschine für “Pfeifen-Lutscher”. Dieses Patent soll weltweit immer noch genutzt werden.

Im Rahmen der Verstaatlichung privatwirtschaftlicher Betriebe nach 1972 wird der Betrieb dem VEB Kombinat Süßwaren Delitzsch: VEB Forschung und Rationalisierung Leipzig, ein Betrieb des Rationalisierungsmittelbaues als Werksteil III zugeordnet. Die Werksräume befinden sich im Hinterhaus und die Verwaltung im Vorderhaus, Dreilindenstr. 6. Der VEB Forschung und Rationalisierung plant und setzt Rationalisierungsvorhaben der Süßwaren- und Dauerbackwarenindustrie der DDR um.

Mit Wirkung vom 1. Juli 1988 wird der Betrieb in den VEB Halloren Schokoladenfabrik Halle eingegliedert und verliert seine juristische Selbstständigkeit. Nach 1990 wird die Halloren Schokoladenfabrik privatisiert, wann der Firmenteil Rationalisierungsbau geschlossen wurde, ist derzeit nicht bekannt. Seitdem verfallen das Gelände und die Gebäude.

Objektbeschreibung:

Das Gelände ist ca. 180 m lang und knapp 40 m breit. An der Nordseite liegt es an der Dreilindenstraße, an der Südseite schließt es an die Bebauung der Lützner Straße an. An den beiden anderen Seiten gab es dichte Bebauung. Derzeit ist auch das östliche Baufeld brach liegend. Es wird teilweise als Parkplatz und als Kinderspielplatz genutzt. Das Vorderhaus ist abgerissen worden und das Hofgebäude ist dem Verfall preisgegeben. Dieses, auch als “Boxerhalle” bekannte Gebäude, 1902 erbaut, steht unter Denkmalschutz (Obj.-Dok.-Nr. 09261135). Es sollte zu einer Gaststätte, Café oder Kneipe ausgebaut werden. Dafür wurde das Dach saniert. Das Projekt ist inzwischen abgebrochen worden.

Quellen/Literatur/Links:

Autor: Frank Heyme

Datum: 19.02.2020

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Mitteldeutscher Feuerungsbau

Objekt: Mitteldeutscher Feuerungsbau

früher: Fränkel & Viebahn
DDR: VEB Mitteldeutscher Feuerungsbau (MIFEU) und später VEB Feuerungsanlagenbau im Kombinat Kraftwerksanlagenbau
heute: Solarpark, Kleingewerbe, Brachfläche

Adresse: Händelstr. 14, 04288 Leipzig

Ortsteil: Holzhausen

Industriezweig/Branche/Kategorie: Maschinenbau, Feuerungsanlagen

Kurzcharakteristik: Bau von Feuerungsanlagen vor allem für Braunkohle

Datierung: 1922

Objektgröße: 48000 m²

Bau- und Firmengeschichte:

Die Firma Fränkel & Viebahn ließ sich 1922 auf dem Gelände einer ehemaligen Ziegelei an der Händelstraße nieder und vergrößerte sich dort. 1945 erfolgte die Enteignung. Weiterführung der Produktion als VEB Mitteldeutscher Feuerungsbau Holzhausen (MIFEU). Im Zuge der Kombinatsbildung erfolgte die Umbenennung in VEB Feuerungsanlagen Holzhausen.

Ab Juli 1990 erfolgte die Privatisierung als Mitteldeutsche Feuerungs- und Umwelttechnik GmbH.
Trotz guter Auftragslage kam es wegen Differenzen mit der Treuhand 2011 zur Einstellung der Produktion. 2012 wurden die Anlagen und die meisten Gebäude zurückgebaut. Es entstand ein Solarpark und ein Autoservice. Im ehemaligen Verwaltungsgebäude sollte 2016 eine Flüchtlingsunterkunft eingerichtet werden, dazu kam es aber nicht.

Objektbeschreibung:

Vom ehemaligen Feuerungsbau gibt es noch wenige kleinere Gebäude, die von Gewerbebetrieben genutzt werden, das mehrgeschossige ehemalige Verwaltungsgebäude und zwei Industrieschornsteine. Die größte Fläche wird von der Solaranlage genutzt, der Rest sind Brachflächen

Quellen/Literatur/Links:

  • Industriegeschichte von Holzhausen (Sachs), Broschüre des Heimatvereines
  • Klaus Behling, Die Treuhand – Wie eine Behörde ein ganzes Land abschaffte
  • Ortschronik von Holzhausen

Autor: Helmut Sander

Datum: 03.02.2019

Abbildungen:

  • Luftaufnahme, 1925, aus der Industriegeschichte des Heimatvereines
  • eigenes Foto (H. Sander) Okt. 2018: die beiden Industrieschornsteine und ein Gebäude



MIMO

Titel des Objekts: Mitteldeutsche Motorenwerke G.m.b.H. Taucha

Adresse: Taucha, Am Veitsberg

Industriezweig/Branche/Kategorie: Flugzeug-Motorenbau

Kurzcharakteristik: Unternehmen zur Lizenzproduktion von Junkers-Flugmotoren

Datierung: am Standort von 1935 bis 1945

Objektgröße: ca. 80 ha

Ursprüngliche Nutzung: Wald und Feld

Heutige Nutzung: Industriebrache im Wald, Teilstücke werden als Lagerräume, Schützenvereinsgelände und Paintball Areal genutzt

Bau- und Firmengeschichte: 

Die Mitteldeutschen Motorenwerke GmbH (MMW, umgangssprachlich Mimo) wurden am 29. Juni 1935 von der Auto Union AG gegründet. Das Werk zum Bau von Flugmotoren befand sich ursprünglich in Zwickau auf dem Gelände des Horch-Werkes und lag dadurch zu nahe an der Grenze zur Tschechoslowakei. Für den zukünftigen Standort wurde Leipzig gewählt. Als Gegenstand des Unternehmens wurde nicht der Bau von Flugmotoren, sondern zur Verschleierung, die Herstellung von Motoren aller Art eingetragen.

Nach dem Erwerb von Land zwischen Portitz und Graßdorf begann hier der Aufbau des neuen Werkes. Das zum größten Teil bewaldete Gelände, gehörte 1936 zu etwa 80 % zur Stadt Leipzig und zu etwa 20 % zur Stadt Taucha. Das Werk dehnte sich später vor allem in südlicher Richtung aus. Am 20.1.1937 betrug seine Gesamtfläche 560200 Quadratmeters, also 56ha. Von den 2330 Beschäftigten am 10.10.1937 wohnten 1200 in Taucha und 680 in Leipzig. Der zu Leipzig gehörende Teil des Betriebsgeländes, der sich bis zum Jahre 1939 auf fast 50 % verringert hatte, wurde am 1.4.1939 von Leipzig aus- und nach Taucha eingemeindet. Von da an hieß der Betrieb Mitteldeutsche Motorenwerke GmbH Taucha.

Die Auto Union AG mit Sitz in Chemnitz wurde mit Wirkung vom 31.12.1940 alleiniger Gesellschafter. Das Stammkapital der Gesellschaft betrug 15 Millionen RMs. In den MMW wurden in Lizenz Junkers Flugmotoren gebaut. Die Produktion stieg von 73 Motoren im Jahre 1936 auf 5327 Motoren im Jahre 1939. Den Höchststand der Belegschaftsmitglieder hatte man mit mit 9339 am 31.12.1942. Davon waren 3901 ausländische Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene. Durch Luftangriffe auf das Werk am 28.5., 29.5., 29.6. 7.7., 28.7. und 2.11.1944 wurden etwa 60 % der Werksanlagen zerstört. Die geschätzte Schadensumme belief sich auf 58.240.315,00 RM. Das Fertigungsprogramm der MMW umfaßte in den letzten Kriegsmonaten im wesentlichen den Lizenzbau das Flugmotors Jumo 213, des Strahltriebwerks Jumo 004 und Motor- bzw. Triebwerksreparaturen.

Nach Kriegsende 1945 stellten sich die MMW auf eine Friedensproduktion um. Neben der Herstellung von Haushaltgegenständen wurden zunehmend Maschinenreparaturen für andere Firmen ausgeführt. Die Zahl der Belegschaftsmitglieder betrug am 1.9.1945 nur noch 521. Die MMW, die seit Anfang Dezember 1945 der Sowjetischen Militäradministration unterstellt waren, wurden als ehemaliger Rüstungsbetrieb ab Januar 1946 demontiert. Sämtliche Werkhallen, Bürogebäude usw., bis auf das Verwaltungsgebäude und die Gebäude der Fliegertechnischen Vorschule, wurden nach ihrer Ausräumung gesprengt.

Am 27. August 1948 ist die Firma laut Handelsregister erloschen.

Objektbeschreibung

Das Gelände ist ca. einen Kilometer lang und an seiner größten Nord-Süd Ausdehnung 800m breit. Die nördliche Grenze bildet die Parthe, die östliche Grenze die Grasdorfer Straße, nach Süden dehnte sich das Werk immer weiter in Richtung Tauchaer Straße aus. Im Werk wurden die meisten Straßen als Einbahnstraßen ausgeführt und somit eng gehalten, um eine Erkennung aus der Luft zu erschweren. Die Hauptanlieferungsstraßen allerdings waren auch für den Begegnungsverkehr vorgesehen.

Das Werk wurde aus luftschutztechnischen Erwägungen heraus als unorganisches Werk dem Gelände im Wald angepasst. Bei der späteren Erweiterung auf dem Feld in Richtung Tauchaer Straße wurde auf die Tarnung keine Rücksicht mehr genommen, hier standen eindeutige technologische Betrachtungen mit einem gesteigerten Produktionsausstoß im Vordergrund. Zur Warenanlieferung und zur Versorgung der Heizkraftwerke verfügte das Werk über einen Gleisanschluß. Im nordwestlichen Bereich befand sich der sogenannte Mimoteich, der sowohl Kühlwasser für die Motorenprüfstände bereitstellte, aber auch als eine Löschwasserreserve diente.

Quellen/Literatur/Links:

  • Textquellen: Gerhard Jahn, Peter Kohl
  • Fotos: ROG-Film Produktion
  • Persönliche Dokumente und Informationen von: Harald Hoffmann, August Katz, Uwe Kober, Gertraude Kühn, Max Laube, Thomas Münch, Wolfgang Rumpelt
  • Dokumente als Leihgabe des Museums Taucha

Autor: Roger Liesaus

Datum: 28.03.2018

Abbildungen:

  • Verwaltungsgebäude1941; Archiv Museum Taucha Betriebszeitung „Der Motor“,
  • LehrlingeSport; Archiv Museum Taucha Betriebszeitung „Der Motor“,
  • KantineMimoGebäudeAußen; Archiv Museum Taucha Betriebszeitung „Der Motor“,
  • MimoBürogebäude; Roger Liesaus Foto 2017
  • GegenkolbenflugdieselmotorJumo205; Roger Liesaus 2017
  • Werkhallenruine; Roger Liesaus Foto 2018
  • TypenschildJumo205; Roger Liesaus Foto 2017
  • Splitterschutzbunker; Roger Liesaus Foto 2018
  • Speisehalle; Roger Liesaus Foto 2018
  • Kantinengeschirr; Roger Liesaus Foto 2018



DIMO

Titel des Objekts: VEB Dieselmotorenwerk Leipzig (DML, DIMO) | Reformmotorenfabrik

Adresse: Leipzig, Heinrich-Heine-Straße 35

Stadtteil: Böhlitz-Ehrenberg

Industriezweig/Branche/Kategorie: Maschinenbau/Motorenbau

Kurzcharakteristik: Mittelständiges Unternehmen zur Herstellung von Dieselmotoren, später von kompletten Notstromaggregaten.

Datierung: am Standort von 1906 bis 1998

Objektgröße: ca. 20.000 m²

Ursprüngliche Nutzung: Reform-Motorenfabrik 1906 bis 1934

Heutige Nutzung: Industriebrache/ Lagerräume/ Neuansiedlung kleiner Firmen

Bau- und Firmengeschichte:

  • 01.09.1901 Wilhelm Meyer und Wilhelm Hanke gründen in Leipzig-Plagwitz Carl Heinestrasse 35, diagonal gegenüber dem gerade neu gebauten Felsenkeller, die Automobil-Werke Leipzig GmbH.
  • 1904 Umfirmierung in Reform-Motoren-Fabrik G.m.b.H.
  • 1906 zieht das Unternehmen nach Böhlitz-Ehrenberg in ein neu errichtetes Firmengebäude.
  • 1914 bis 1918 die Firma stellt während des 1.Weltkrieges Granaten her, der Motorenbau wird eingestellt.
  • 1920 Wilhelm Meyer wechselt in den Aufsichtsrat und Wilhelm Hanke ist nun alleiniger Geschäftsführer. Es werden drei Prokuristen bestellt.
  • 1934 wird die Firma verkauft und heißt nun H.K. Heise GmbH Maschinenbau.
  • 1935 bis 1945 H.K. Heise GmbH Maschinenbau hat auf Kriegsproduktion umgestellt und fertigt Teile für die Flugzeugindustrie (Zahnräder für die Erla Werke) und Granaten 3,7cm Flak und größere Kaliber.
  • Nach Ende des Zweiten Weltkriegs arbeitete der bedeutende Motorenentwickler Prof. Alfred Jante von 1945 bis 1946 zunächst als Technischer Leiter der H. K. Heise Maschinenbau GmbH in Böhlitz-Ehrenberg bei Leipzig. Die Firma wird 1946 enteignet und wird volkseigener Betrieb. Es werden wieder Dieselmotoren hergestellt.
  • 1958 im Rahmen der internationalen Hilfe werden aus dem Irak und dem Sudan junge Leute in der Dimo zu Schlossern ausgebildet.
  • Entwicklung der Betriebsstruktur und Produktionskapazität ab 1960 und den Folgejahren. Die Belegschaft wächst auf ca. 500 Mitarbeiter.
  • Für die Steigerung der Produktivität und Effektivität erfolgt eine Arbeitsteilung zwischen den Kombinatsbetrieben und eine Spezialisierung der Betriebe auf bestimmte Baugruppen bzw. Bauteile. Im DML werden die Finalerzeugnisse Dieselmotoren und Diesel–Elektroaggregate weiterhin produziert und die Spezialisierung auf Pleuelstangen und Nockenwellen ausgebaut. Die Lieferung der Teile und Baugruppen erfolgt an folgende Werke: Kombinatsstammbetrieb SKL Magdeburg, Elbewerk Rosslau, Motorenwerk Berlin Johannisthal, Motorenwerk Cunewalde und Einspritzgerätewerk Aken.
  • Um die Produktionsvoraussetzungen zu schaffen und zu erweitern, werden zusätzliche Grundstücke und Gebäude erworben. In der Fabrikstraße 19 werden zunächst Hallen im Barackenstil aufgebaut und in den 1970er Jahren dann große Betonmassivbauten errichtet. In der Heinrich-Heine-Straße werden das Gelände und Gebäude der Baufirma Pfeiffer, der ehemalige Kohlenhof und das Papierverarbeitungswerk übernommen. Dort entstehen Sozial- bzw. Verwaltungsräume, sowie Produktionsräume und eine Hochregal-Lagerhalle. Zwei weitere Betriebe werden dem DML angeschlossen und ausgebaut: der Stahl- und Metallbau in Kühren (ca. 50 Arbeitskräfte) und der SKL–Betriebsteil in Oberlungwitz (ca. 190 Arbeitskräfte).

Erzeugnisentwicklung und Produktpalette

1972 bis 1989 Antriebsmotoren für Fluß- und Binnenseeschiffe, Diesel-Elektroaggregate, als Hilfsaggregate für Hochseeschiffe, Notstromaggregate mit automatischem Start für Hochseeschiffe, Krankenhäuser, Hotels und Gewächshäuser, Diesel-Elektroaggregate für Kühlzüge (diese werden im Waggonbau Dessau für den SU- Export verbaut, ca. 150-200 Stck./Jahr), Diesel-Elektroaggregate mit Motoren von ROBUR Zittau für autonome Maschinenkühlwagen (diese werden ebenfalls im Waggonbau Dessau für den SU-Export verbaut, ca. 600 – 1000 Stck./ Jahr geeignet für Startbedingungen bei minus 40 °C)

Im Jahr 1986 erfolgt vom Ministerium für DML eine Freigabe von 15 Millionen DM zum Import von Maschinen aus dem kapitalistischen Ausland, bzw. der BRD. Dafür werden von fünf Firmen aus der BRD hochproduktive, zum Teil automatisierte Sondermaschinen für die Pleuelstangen- und Nockenwellenproduktion geplant und beschafft. Diese Maschinen und Anlagen werden 1989 und 1990 geliefert und installiert. Sie kommen noch für kurze Zeit erfolgreich zum Einsatz und werden dann, wie der gesamte Betrieb, Opfer der neuen Situation.

  • 1990 aus dem VEB wird eine GmbH.
  • 1998 Gesamtvollstreckung.
  • Seitdem verfallen das Gelände und die Gebäude.
  • 2014 wird anlässlich des Tages der Industriekultur in der Industriebrache eine Veranstaltung mit Filmen, Vorträgen, Lesungen, Foto und Videoshow, die 140 Besucher anlockte, durchgeführt.
  • 2016 im Zuge von Neuansiedlungen wird begonnen, die große Halle wieder auszubauen.

Objektbeschreibung: Das Hauptgebäude wurde um 1906 errichtet. In den darauffolgenden Jahrzehnten wurden verschiedene Nebengebäude errichtet, die wiederholt wechselnder Nutzung unterlagen. Das Gelände ist ca. 250 m lang und knapp 100m breit. An der Nordostseite liegt es an der Heinrich-Heine-Straße, an der Südwestseite befindet sich ein Gleisanschluss, der vor allem für die Belieferung mit Rohmaterial wichtig war. Der Direktexport von Motoren oder Diesel-Elektroaggregaten in die Sowjetunion, und andere sozialistische Länder, aber auch ins kapitalistische Ausland wurde im Betrieb vom Zoll abgenommen, in Kisten verpackt und auf Waggons verladen.

Quellen/Literatur/Links:

  • Persönliche Dokumente und Informationen von Helmut Liesaus, Ernst Burghardt, Manfred Winkler, Manfred Eidner
  • Dokumente als Leihgabe des Heimatmuseums Böhlitz-Ehrenberg

Autoren: Helmut Liesaus, Roger Liesaus

Datum: 26.03.2018

Abbildungen:

  • Reformmotorenfabrik1919; Archiv Heimatmuseum Böhlitz-Ehrenberg
  • ReformmotorenfabrikKarlHeineStr2013; Roger Liesaus
  • Reformmotor1910; Roger Liesaus
  • Reformmotor1910Schild; Roger Liesaus
  • ReformmotorenAufDerMesse1918; Archiv Heimatmuseum Böhlitz-Ehrenberg
  • FlakMunition3,7cmIm2WK; Bundesarchiv
  • MaschinenhalleFabrikstr1970erJahre; Archiv Manfred Winkler
  • ProspektDieselmotor1970erJahre; Archiv Ernst Burghardt
  • Dieselmotorenwerke, große Halle2013; Enno Seifried
  • Fabrikansicht2013; Roger Liesaus



VTA Werk 1

Titel des Objektes: VTA (Verlade- und Transport- Anlagen) in Leipzig, Werk I (Gohlis); Hauptwerk, auch “Bleichertwerke”

Adresse: Lützowstr. 34, 04157 Leipzig

Stadtteil: Gohlis

Industriezweig / Branche / Kategorie: Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaues; Betrieb des DDR Schwermaschinenbaukombinates TAKRAF mit Sitz in Leipzig, Barfußgäßchen 12

Kurzcharakteristik: 

Unternehmen für die Fertigung von Ausrüstungen und Anlagen für die Schwerindustrie, Transport- und Fördertechnik besonders Lasten- und Personenseilbahnen, Kabelkrane, Verladebrücken, Kesselbekohlungsanlagen, batterieelektrisch betriebene Flurförderzeuge.

Nach Umbau ab 1957 nur noch Fertigung von sogenannten Serienerzeugnissen wie Elektro- Gabelstapler, Elektroschlepper und Diesel- Gabelstapler. Anlagenfertigung nur im Werk II. An Bauten waren dazu vorhanden: Direktions- und Bürogebäude, Materiallager, Fertigungsbereiche für Zerspanungstechnik, Kleinstahlbau, Schweißerei, Montagehallen, ab 1957 auch die Fertigung von Elektromotoren und Schaltgeräten. Des Weiteren Betriebsküche, Garderoben, Medizinischer Punkt, Versandabteilung und Malerei sowie Werkstoffprüflabor, Werkzeugbau, Maschinen-Instandhaltung.

Datierung: 

1874 Gründung des Unternehmens als Ingenieurbüro für Drahtbahnen durch die Ingenieure Bleichert und Otto in Schkeuditz bei Leipzig. Nach 1874 Umzug nach Leipzig und Anmietung einer kleinen Firma für den Bau von Lastenseilbahnen. Sieben Jahre später Umzug in einen Fabrikneubau in der heutigen Lützowstr.. Fertigung von Lastenseilbahnen. 1898 Gründung eines Büros für Konstruktion und Fertigung von Schiffsentladern, Lagerplatzgeräten und Drehkranen, 1903 des Bereiches Elektrohängebahnen und 1904 Gründung der Abteilung „Allgemeiner Transportmaschinenbau“. Gründung von Zweig- und Tochterunternehmen u. a. in Charkow (Ukraine), 1912 in Neuss am Rhein und 1920 in Leipzig/Eutritzsch.

1931/32 Konkursanmeldung, Verlust des Zweigwerkes in Eutritzsch und am 30.06.1932 Gründung der Bleichert Transportanlagen GmbH Leipzig. Von 1946 bis Ende 1953 sind beide Werkteile zwecks Erfüllung der Reparationsleistungen gegenüber der Sowjetunion im Besitz der sowjetischen Aktiengesellschaft Transmasch. Ab 01.01.1954 werden sie ein volkseigener Betrieb. 1985 werden in der DDR neue Wirtschaftsstrukturen eingeführt und VTA wird Stammbetrieb des Kombinates TAKRAF Leipzig. Die Umwandlung der Firma in eine GmbH im Jahre 1990 schützt sie nicht vor der Liquidation ab 01.04.1993. Das weltbekannte Unternehmen VTA vormals Bleichert, hat aufgehört zu bestehen.

Objektgröße: Das Werk I umfasst die Fläche von ca. 2,5 Hektar. Die Mitarbeiterzahl im Jahr 1908 betrug 1160 Personen. Die höchste Beschäftigtenzahl hatten das Werk I und II im Jahr 1953 mit ca. 6600 Mitarbeitern. 1990 waren noch 2946 Arbeitnehmer in beiden Werkteilen beschäftigt.

Ursprüngliche Nutzung: 

Mit der Einrichtung einer eigenen Fabrik in Leipzig/Gohlis legte Adolf Bleichert den Grundstein für eine industriemäßige Fertigung von Anlagen und Geräten der Transport- und Fördertechnik. Firmenprinzip war nur die sogenannten „intelligenten Baugruppen“ zu produzieren, die wertmäßig einen hohen Einsatz an geistigen und handwerklichem Können erforderten. Also vor allem Antriebe, Kabinen, Seilbahnwagen, Hub- und Drehwerke, Laufwerke, Fahr- und Schwenkwerke usw.. Man fertigte u. a. Lasten und Personenseilbahnen, Elektrohängebahnen, Kabelkrane, Verladebrücken, Bekohlungsanlagen, Drehkrane, ab 1923 auch batterieelektrische angetriebene Fahrzeuge – die „Eidechse“, sowie ab 1938/39 den legendären Kugelschaufler, ein mobiles fördertechnisches Erzeugnis.

Nach 1945 kamen auf Forderung der Sowjetunion dazu die Grubenlokomotive „Karlik“, Walzwerksausrüstungen, Pratzenkrane. Ab 1955 wurde schrittweise die Anlagenproduktion nach Eutritzsch verlagert und 1957 das Werk Gohlis als „Serienwerk“ weitergeführt. Es wurden Elektrogabelstapler und Elektroschlepper sowie Dieselgabelstapler bis 4,0t Tragfähigkeit produziert. Eine Herausforderung dabei war die komplette Verlagerung des Elektromotoren- und Schalterbaus vom Werk Eutritzsch nach Gohlis. Auch der Aufbau einer neuen Abteilung für die Getriebefertigung musste gelöste werden. Auf dem Gelände des Werkes Gohlis befanden sich dazu technische und kaufmännische Bereiche, die erforderlichen Werkstätten und die gesamte Werkleitung. Für die Fertigung standen u. a. die Hallen B11 – Mechan. Fertigung, die B25 – Kleinstahlbau und Schweißerei, Schalter- und Motorenbau, sowie die B12 – Staplermontage, zu Verfügung.

Heutige Nutzung: 

Bereits 1991 werden Maßnahmen zur Einstellung der Fertigung und Entlassung von Mitarbeitern veranlasst. Eine Suche von Interessenten für das Werk erwies sich erfolglos, so dass ab 01.04.1993 die offizielle Liquidation eingeleitet wurde. Werkhallen und Bürogebäude waren danach jahrelang Verfall und teilweisen Brandstiftungen ausgesetzt. Lediglich das parallel zur Lützowstr. befindliche Direktionsgebäude wurde ansehnlich und denkmalsgerecht saniert und vollständig vermietet.

Für den Erhalt der übrigen Gebäude und Werkhallen ergab sich 2008 wieder Hoffnung. Die CG- Gruppe, ein Bauinvestor mit Erfahrung für die Sanierung ehemaliger Fabrikanlagen, kaufte das Gelände. Trotz weiterer Zerstörung der Bausubstanz begann das Unternehmen mit der Dekontaminierung der Hallenfußböden und Abriss nicht mehr zu rettender Gebäude. Die CG- Gruppe hatte vor, auf dem Werksgelände Wohnungen, Kleingewerbe und Einfamilienhäuser zu errichten. 2017 sind die ersten Mieter in der Wilhelm-Sammet-Str. eingezogen. Bei anderen Gebäuden ist erheblicher Baufortschritt zu erkennen. Entsprechend dem Denkmalschutz werden von der CG- Gruppe Erinnerungen an das ehemalige Unternehmen Bleichert/VTA erhalten.

Bau- und Firmengeschichte:

1. Der Firmengründer Adolf Bleichert: 

Adolf Bleichert wurde am 31. Mai 1845 in Dessau geboren. Er studierte an der Gewerbeakademie Berlin, heute Technische Universität, Maschinenbau, Abschluss als Zivilingenieur.

1872: Adolf Bleichert ist Oberingenieur bei der Halle-Leipziger Maschinenfabrik und Eisengießerei AG Schkeuditz. Er konstruierte die erste Draht(Seil)bahn für die Solaröl- und Paraffinfabrik Teutschenthal bei Halle. Die Anlage war 1874 vollendet und blieb 40 Jahre in Betrieb.

1874: Anlegung einer Versuchsbahn, um konstruktive Ideen praktisch zu erproben, u. a. die Benutzung von Drahtseilen anstelle von Rundeisen als Laufbahn, was sich als bahnbrechend erwies. Am 1. Juli eröffneten Adolf Bleichert und Theodor Otto in Schkeuditz bei Leipzig ein Ingenieurbüro „Bleichert & Otto“, mit dem sie im gleichen Jahr nach Leipzig umzogen.

1875: konstruierte A. Bleichert die Exzenter-Kupplung zum An- und Abkoppeln der Seilbahn-Wagen am Zugseil.

1881: Mit dem Umzug nach Gohlis, Feldstraße (heute Lützowstr.), wird die Firma in eine offene Handelsgesellschaft (OHG) umgewandelt und in das Handelsregister beim Amtsgericht Leipzig neu eingetragen, die Firma verbleibt an diesem Ort.

1889: Wegen der stark angewachsenen Geschäftstätigkeit, die er allein nicht mehr bewältigen konnte, setzte A. Bleichert vier neue Prokuristen ein, u a. die Ingenieure und späteren Direktoren Rudolf Pfaffenbach und Karl Streitzig.

1893: A. Bleichert reiste in die USA, u. a. zum Besuch der Weltausstellung in Chikago.

1897: Vergrößerung des Werkes in Gohlis und Bau eines neuen Bürogebäudes, die Firma beschäftigte 200 Arbeiter.

1899: zum 25-jährigen Jubiläum wird die 1000. Drahtseilbahn gefertigt für den Erztransport auf Thio/Neukaledonien (Pazifik). Adolf Bleichert erkrankt an Tbc, am 29.Juli

1901 stirbt Adolf Bleichert in Davos-Platz.

1908: Errichtung eines Adolf-Bleichert-Denkmals auf dem Firmengelände, 1950 wurde es beseitigt.
Ab April 2001 erinnert wieder im Leipziger Stadtteil Gohlis eine Bleichertstr. an einen der größten Techniker und Erfinder unserer Heimatstadt.

2. Bedeutung der Firma Adolf Bleichert & Co. Leipzig sowie des Nachfolgeunternehmens: 

Die Drahtseilbahn als Lastenseilbahn war vom letzten Viertel des 19. Jahrhunderts bis zum Zweiten Weltkrieg neben der Eisenbahn und vor der Erfindung von Auto und Flugzeug das wichtigste Transportmittel für die Massenbeförderung von Rohstoffen in Bergbau, Hüttenwesen, Kraftwerken, Bauwesen, Maschinenbau usw., auch in der Landwirtschaft. Die Drahtseilbahnen der Firma Bleichert waren weltweit auf allen Kontinenten verbreitet.

Bis zum 1. Weltkrieg wurden hinsichtlich Länge, Leistungsfähigkeit, Steigungsgrad, geographischer Verbreitung beim Bau von Lastenseilbahnen technische Höchstleistungen vollbracht, s. die sog. Bleichertschen Rekordbahnen in Chilecito (Argentinien), Flamanville (Frankreich), Usambara (Deutsch-Ostafrika, heute Tansania), Thio (Neukaledonien) und auf Spitzbergen. Insgesamt hat die Firma Bleichert über 4000 Drahtseilbahnen hergestellt. Die Erfolge beim Bau von Drahtseilbahnen beruhten technisch auf ständiger Vervollkommnung des Systems und wirtschaftlich auf Rationalisierung in der Herstellung.

Nach 1900 wurde außerdem das Produktionsprogramm um weitere Transportanlagen ständig erweitert: Elektrohängebahnen, Elektrokarren „Eidechse“, Kabelkrane, Kabelbagger, Kesselbekohlungsanlagen, Kugelschaufler u. a.. Im 20. Jahrhundert hat die Drahtseilbahn als Personenseilbahn eine überragende Bedeutung als Transportmittel für den Massentourismus vor allem bei der Erschließung alpiner Skigebiete gespielt.

Bis zum Zweiten Weltkrieg war die Firma Bleichert auf der Grundlage des Systems Bleichert-Zuegg führend beim Bau von Personenseilbahnen. Von ca. 100 Bahnen wurden 37 von Bleichert gebaut (davon in Deutschland 6, Österreich 10, Frankreich 7, Schweiz 3, Italien 4, Polen und Spanien je 2 USA sowie Norwegen und Südafrika je 1). Von diesen Bahnen laufen bis heute z. gr. T. noch mit Originalausrüstung: Burgbergbahn Bad Harzburg (ca. 1970 Kabinenwechsel), Predigtstuhlbahn Bad Reichenhall, Miramar-Bahn im Hafen von Barcelona, Montserrat-Bahn bei Barcelona. Die restlichen Anlagen von 25 verschiedenen Firmen.

Der Anteil der Firma an der Kriegsproduktion (Feldseilbahnen im 1. WK, und Granaten) während der beiden Weltkriege war hoch und ist kritisch zu bewerten. In der Weltwirtschaftskrise nach 1929 geriet die Firma 1931 in die Insolvenz. Die unter dem Einfluss von Felten & Guilleaume Carlswerk AG Köln 1932 erfolgte Neugründung als Bleichert-Transportanlagen GmbH bei gleichzeitigem Ausschluss der Familie Bleichert erwies sich als erfolgreich. In den Jahren als SAG Bleichert (1946-1953 Sowjetische Aktien-Gesellschaft) wurden umfangreiche Reparationsleistungen für die UdSSR erbracht. Es wurden die Kriegsschäden in den Werksteilen Gohlis und Eutritzsch beseitigt und in Eutritzsch neue Werkhallen errichtet. Die Belegschaft erreichte einen Höchststand von 6600 Beschäftigten. Die Produktion neuer Produkte wurde aufgenommen: Autokrane, Kabelkrane, u. a. für die Werften in Warnemünde und Wismar, sowie die Elektro- Grubenlok „Karlik“.

In der Zeit als VEB Verlade und Transportanlagen Leipzig, Kurzform VTA (1954-1990) gehörte VTA zu den größten Betrieben des Schwermaschinenbaus in der DDR. VTA war wichtiger Lieferant für die RGW-Länder, verkaufte aber auch in das westliche Ausland. Hauptprodukte waren vor allem Gabelstapler, große Bandanlagen für den Braunkohle-Tagebau sowie Containerkrane für den Hafenumschlag.

Ab 1985 war VTA Stammbetrieb des Schwermaschinenbaukombinates TAKRAF (=Tagebauanlagen, Krane, Förderanlagen). Mit dem Übergang vom 19. in das 20. Jahrhundert hatte die elektrotechnische Industrie eine Leistungsfähigkeit erreicht, so dass auch maßgeblich die Transport- und Umschlagstechnik einen starken Entwicklungsschub erhalten konnte. Im Elektromaschinen- und Schaltanlagenbau standen technische Lösungen und Geräteausführungen zur Verfügung, die zahlreiche Anforderungen erfüllen konnten. So konnten durch die Firma Bleichert Anlagen weltweit in alle Klimabereiche, also in Kältegebiete, wie z. B. auf Spitzbergen oder den Kordilleren, sowie in tropische oder maritime Klimagebiete, wie z. B. auf Neukaledonien mit Erfolg geliefert werden. Diese Erfahrungen und Traditionen setzten sich im Nachfolgeunternehmen, dem VTA- Leipzig, mit Lieferungen nach Sibirien (z. B. Archangelsk, Ust Kut an der Lena) oder Wüstenregionen (z. B. Tunesien, Ägypten) fort.

Objektbeschreibung: 

Ehemaliges Firmengelände, erbaut in den Jahren von 1881 bis 1911 mit ca. 20 Gebäuden und Werkhallen, für die Fertigung von Erzeugnissen für die Transport–, Lager- und Umschlagtechnik, ab 1957 ausschließlich von Flurförderzeugen mit Büros, Lager- und Fertigungsstätten, geprägt von der Architektur des 19. und Anfang de 20. Jahrhunderts und den technisch-technologischen Erfordernissen eines großen Industrieunternehmens.

Architekten, wie Max Bösenberg, Richard Welz, die Büros Pfeifer und Händel sowie Händel und Franke haben ein überwiegend denkmalgeschütztes Areal geschaffen. Nach 1990 gab es wenig Hoffnung, diesen Wert für die Stadt Leipzig zu erhalten. 2016 jedoch wurden die ersten Baugerüste auf dem Gelände sichtbar. Ein Investor, die CG- Gruppe, begann mit der denkmalgerechten Sanierung dieses einzigartigen Industriedenkmals. Das Konzept „Umbau von Werkhallen zu Wohnungen“ sollte Erfolg haben.

Quellen / Literatur:

  • Gohliser Hefte 8: Manfred Hötzel und Stefan W. Krieg (Hrsg.), „Adolf Bleichert und sein Werk; Sax-Verlag 2012.
  • Leipziger Industriekultur, VTA, vorm. Bleichert, Werk II (Eutritzsch)
  • Bürgerverein (Leipzig) Gohlis e. V., Veröffentlichungen im Gohlis Forum zu Bleichert/VTA Leipzig

Links:

Autor/in: Dieter Bittermann, Dr. Manfred Hötzel, Werner Weidner – Sächsisches Wirtschaftsarchiv

Datum: 18.11.2017/19.02.2018

Abbildung: