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Pittler AG (VEB Drehmaschinenwerk Leipzig)

Titel des Objekts: VEB Drehmaschinenwerk Leipzig; vormals Leipziger Werkzeugmaschinenfabrik vorm. W. von Pittler AG

Adresse: Pittlerstr. 26, 04159 Leipzig

Ortsteil: Wahren

Industriezweig/Branche/Kategorie: Metallindustrie / Maschinenbau

Kurzcharakteristik: Unternehmen zur Herstellung von Werkzeugmaschinen, insbesondere: Pittler-Revolverdrehbänke und Ein- und Mehrspindel-Automaten; selbstlösende Gewindeschneideköpfe und stufenlos regelbare Flüssigkeitsgetriebe.

Datierung: gegründet 1889

Objektgröße: ca. 32.000 m² Werkhallenfläche

Denkmalstatus: Obj.-Dok.-Nr. 09263881

Heutige Nutzung: Nach Leerstand und Verfall seit 1996 wird das Gebäude seit 2018 wieder genutzt und die Entwicklung zu einem nachhaltigen kulturellen Treffpunkt angestrebt https://pittlerwerke.org/de/

Bau- und Firmengeschichte:
Pittler war ein sehr bekannter Firmenname in der Messe-Stadt Leipzig und gehörte zu den größten Werkzeugmaschinenherstellern in Deutschland. Auch der Nachfolgebetrieb VEB Drehmaschinenwerk Leipzig (VEB DREMA Leipzig) setzte diese Erfolgsgeschichte nach 1948 fort. Zum VEB DREMA gehörte eine eigene Betriebsberufsschule in der Pfaffendorfer Straße (ehemals Dr. Kurt-Fischer-Straße; heute steht dort das Gondwanaland des Zoos Leipzig).

Im Jahr 1889 wird in Leipzig-Gohlis die Maschinenfabrik „Invention“ Wilhelm von Pittler zur Herstellung und Vertrieb von Maschinen gegründet. In dieser Zeit entwickelt sich der Bereich technische Maschinen und Werkzeuge rasant. Die Firma Pittler prosperiert. Sie wird bereits 1895 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und firmiert ab da unter Leipziger Werkzeugmaschinenfabrik vorm. W. Von Pittler AG.

Parallel zur neuen Firmengründung entsteht 1899 in Leipzig-Wahren ein großes Werksgelände mit 4.000 m² Produktionsfläche als Basis der neuen AG. Vorzeigeprodukt der Leipziger sind Revolverdrehbänke, welche weltweit Absatz finden. Die Firma weitet sich weiter aus und hat im Stadtteil Plagwitz eine eigene Gießerei, um dort die Gussteile für die Maschinen herzustellen.

Im Jahr 1928 übernimmt man die Aktienmehrheit an der Magdeburger Maschinenfabrik AG. In dieser Zeit werden folgende Grundmaschinen hergestellt: Revolverdrehbänke, Fasson-Drehbänke, Einspindelautomaten, Vierspindelautomaten und Halbautomaten. Die Pittler Werke sind für den Stadtteil Leipzig-Wahren ein wichtiges Unternehmen, da sie eine große Anzahl Arbeitskräfte beschäftigen und Werkswohnungen bauen.

Von den Weltkriegen profitiert Pittler durch große Rüstungsaufträge und Kooperation mit Firmen in besetzten Gebieten. Das führt nach dem Krieg zum Niedergang der Firma. Im Jahr 1945 werden durch die Amerikaner bei ihrem Abzug aus Leipzig viele Werksunterlagen und qualifiziertes Fachpersonal mit in die amerikanische Besatzungszone genommen, wo sich bald in Langen (Taunus) eine neue Pittler AG etabliert, die 1950 dort die ersten Revolverdrehbänke produziert.

Die Firma in Leipzig wird ab 1945 wegen ihrer Verstrickung als Teil der Kriegsproduktion zwangsverwaltet. Die Tochterfirmen Tromka Apparatebau GmbH und Mechanik GmbH Rochlitz werden durch die Volksabstimmung vom 30. Juni 1946 enteignet. Um für einen Teil der ehemaligen Belegschaft Arbeitsmöglichkeiten zu schaffen, wird im Februar 1946 die Firma A. H. Paul, vormals Pittler AG gegründet, jedoch zum 1. September 1946 wieder aufgelöst, woraufhin das Unternehmen Werkzeugbau und Reparaturbetrieb GmbH Leipzig gegründet wird. Das Unternehmen wird auf der Grundlage des Volksentscheids in Sachsen 1946 enteignet. Zum 31. Dezember 1949 erlischt das Unternehmen Werkzeugbau und Reparaturbetrieb GmbH Leipzig.

Das Vermögen des enteigneten Unternehmens wird nach 1948 für den Aufbau des neuen VEB Drehmaschinenwerk Leipzig in der Pfaffendorfer Straße (Dr. Kurt-Fischer-Straße) eingesetzt. Das Drehmaschinenwerk residiert in einem Gebäudekomplex später als ORSTA Hydraulik bekannt. Die Sowjetische Militäradministration (SMAD) richtet im Wahrener Werk das Konstruktionsbüro STKB 4 ein. Ende 1949 folgt die Umwandlung in eine Sowjetische Aktiengesellschaft (SAG) in der Vereinigung Transmasch sowie die Demontage von Ausrüstungen, die nach Russland gehen.

Am 31. Dezember 1953 wird der Betrieb dem zuständigen Ministerium der DDR-Regierung übergeben und firmiert zunächst unter dem Namen VEB Wissenschaftlich-Technisches Büro für Werkzeugmaschinen (VEB WTB) und später als VEB CENTEX Leipzig. Ab 1956 gibt es eine Zusammenarbeit mit dem VEB Drehmaschinenwerk, die mit der juristischen Vereinigung der beiden Betriebe am 1. Juni 1959 zum VEB Drehmaschinenwerk Leipzig endet. 1959 wird der VEB Centex Leipzig eingegliedert und so entsteht einer der größten Arbeitgeber der Stadt. In diesem Zusammenhang wird die Herstellung von Hydraulik Erzeugnissen ausgegliedert und einer neuen Firma zugeordnet. Daraus entwickelt sich die später als VEB ORSTA Hydraulik bekannte Firma. 

Mit der Gründung der Kombinate wird das Drehmaschinenwerk 1969 in das Werkzeugmaschinenkombinat 7. Oktober Berlin eingegliedert. Die Produktion wird im Rahmen staatlich verordneter Spezialisierungsmaßnahmen auf die Herstellung von Mehrspindelautomaten umgestellt und die Produktion von Revolverdrehmaschinen auf andere Firmen verlagert. Mit dieser Maßnahme geht ein wichtiger Teil der internationalen Bedeutung der Firma verloren. Die Mehrspindelautomaten mit sechs oder acht Spindeln haben im sozialistischen Wirtschaftsraum (RGW), aber auch auf dem Weltmarkt einen guten Namen. Sie werden zum großen Teil als Grundmaschinen in die UdSSR und zu einem kleineren Teil als komplette Bearbeitungszentren am Markt abgesetzt. Für die Konstruktion bedarfsgerechter Nebenaggregate der Bearbeitungszentren gibt es im Werk eine große Konstruktionsabteilung. Ab 1982 erfolgt eine Kooperation mit der Gildemeister AG in Bielefeld.

Nach der Wende versucht man das Werk in Leipzig zu sanieren und durch Privatisierung als Pittler–Tornos Werkzeugmaschinen GmbH zu sichern. Doch der Erfolg bleibt aus und so geht das Unternehmen 1997 in den Konkurs. Es ist das endgültige Ende für den Namen Pittler in Leipzig, ein großes Kapitel der sächsischen Werkzeugmaschinentradition wird dadurch geschlossen.

Die Firma EMAG Leipzig Maschinenfabrik wird 1999 gegründet. Sie übernimmt die insolvente Pittler–Tornos und gliedert sie ein. Es folgt der Ausbau zum heutigen Marktunternehmen für die nördlichen und östlichen Bundesländer Deutschlands.

Objektbeschreibung:
Das Werksgelände in Wahren umfasst das Straßengeviert Pittlerstraße, Stammerstraße, Am Börnchen und wird im Norden durch die neue Travniker Straße (Neue Hallesche Straße) begrenzt. Auf dem Gelände befindet sich entlang der Stammerstraße das Hauptgebäude und dahinterliegend einzelne Werkhallen. Ursprünglich gab es auf dem Gelände eine Dampfmaschine, die die Hauptenergiequelle für diese Fabrik bildete. Interessant ist, dass auf dem Werksgelände ein Freibad existierte, welches bis in die 1960 Jahre für die Öffentlichkeit zugänglich war. Später wurde dieser Geländeteil an das russische Werk Roter Stern abgegeben.

Die Qualität und die Größe der Gebäude gehen aus den beigefügten Bildern hervor, die den gegenwärtigen Zustand der Gebäude beschreiben. Eine historische Ansicht zeigt das Neuwerk nach der Errichtung nach dem Jahr 1898.

Weitere ausführliche Zustandsbeschreibungen der Gebäude sind durch zahlreiche Dokumentationen beschrieben (siehe Quellennachweise).

Quellen:

Autoren: Frank Heyme / Horst Pawlitzky

Datum: 11.03.2020

Produktbeispiele:

Briefe von Pittler (und Nachfolge-Firmen) an Mitarbeiter (mit freundlicher Genehmigung zur Veröffentlichung von Walter Fronz, in dessen Besitz sich diese Dokumente befinden):

Bildrechte:




Meiselbach

früher: Fa. Aug. Meiselbach
DDR: Präzisions-Werkzeug- und Maschinenfabrik Leipzig-Lindenau
heute: aufgelassen 1997

Adresse: Roßmarktstraße, 30, 04177, Leipzig

Stadtteil: Leipzig Lindenau

Industriezweig/Branche/Kategorie: Metall / Elektronik – Maschinenbau

Datierung: Gründung vor dem Jahr 1897

Objektgröße:

Bau- und Firmengeschichte: Die Fa. Aug. Meiselbach, [damals in] Plagwitz bei Leipzig stellte zur Sächs.-Thüring. Industrie- und Gewerbeausstellung zu Leipzig vom 24. April bis zum 19. Oktober 1897 Waagen eigener Konstruktion vor. Um 1904 Umzug in das neu gebaute Fabrikationsgebäude Roßmarktstraße 30. Es entstand eine Werkzeugfabrik für Gewindeschneidkluppen mit ca. 80 Beschäftigten. Es wurden Schneidkluppen für Gas- und Whitworth-Gewinde hergestellt, die unter dem Namen Original-Meiselbach-Schneidkluppen, bzw. Original-Meiselbach-Gewindeschneidmaschinen bekannt waren und in allen Arten des Rohrleitungsbaues benutzt wurden.
Der Betrieb wurde Ende der 1950er Jahre enteignet. Im Januar 1960 firmierte er unter VEB (K) Werkzeugbau, Leipzig W 33, Roßmarktstraße 30, Verwalter: Otto Naue.
Im Jahr 1987 verlor die Firma ihre Selbständigkeit und wurde als VEB Getriebewerke Leipzig, Betriebsteil VI, Kluppenfertigung, 7033 Leipzig, Roßmarktstraße 30, weitergeführt. Der VEB Getriebewerke Leipzig gehörte zur Vereinigung Volkseigener Betriebe (VVB) Getriebe und Kupplungen (später: VEB Kombinat Getriebe und Kupplungen in Magdeburg). Mit der Auflösung der volkseigenen Betriebe erfolgte die Aufgabe des Produktionsstandortes.

Objektbeschreibung: Nach der Schließung erfolgte eine Mitnutzung des Objektes als Lagerfläche durch die Fa. Folimat Leipzig, die ab August 1990 als Folimat GmbH firmierend, später Folimat & Berger GmbH, 7033 Leipzig, William-Zipperer-Straße 14.
Durch einen Brand im Jahre 1997 wurde das Dach der Werkhalle zerstört. Danach setzte der Verfall des Gebäudes ein. Die leerstehende Ruine wurde bis 1999 vom Bundesvermögensamt verwaltet und danach verkauft. Der neue Eigentümer hat das Vorderhaus saniert und das Hinterhaus abgerissen. Es ist eine Grünfläche entstanden.

Quellen/Literatur/Links:

  • https://www.lindenauerstadtteilverein.de/heimatkunde/haeuserliste/haus/2904/rossmarktstrasse-30.htm
  • Hauptstaatsarchiv Dresden, Rep. 11384 Landesregierung Sachsen, Ministerium für Wirtschaft, Nr.1831 (betr. 1946, Schriftwechsel des Aufgabengebietes Maschinenbau mit einzelnen Betrieben, u. a.Fa. Aug. Meiselbach Nachf.)
  • Staatsarchiv Leipzig, Bestand 20843 VEB Getriebewerk Leipzig
  • Staatsarchiv Leipzig, Bestand 20242 Kreis-Industrie- und Handelskammern Nordwest- sachsens, Nr. 1869 (Aug. Meiselbach Nachfahre, Werkzeug- und Maschinenfabrik, Leipzig, 1945-1954)
  • Staatsarchiv Leipzig, Bestand 20186 Bezirkssteuereinnahme Leipzig, Nr. 40 (Veranlagung der Firma Aug. Meiselbach Nachf. GmbH, Werkzeugfabrik, Leipzig, enthält u. a.: Gesellschaftsvertrag.- Bilanzen)
  • Staatsarchiv Leipzig, Bestand 21025 H. Neumeyer, Steuerprüfer in Leipzig, Nr. 42: Aufträge der Firma August Meiselbach Nachfolge, Leipzig
  • Amtliches Fernsprechbuch für den Reichspost- Direktionsbezirk Leipzig, 1936
  • Leipziger Industrie. Amtliches Firmen- und Bezugsquellen-Verzeichnis. Nach Unterlagen der Industrie- und Handelskammer Leipzig bearbeitet von Hans Rückert. Verkehrsamt der Stadt Leipzig 1946, 199 S.
  • Fernsprechbuch Bezirk Leipzig, Ausgabe 1987
  • Sammlung Lindenauer Stadtteilverein e. V.
  • Ansicht eines “Original Meiselbach”-Gewindeschneiders aus dem VEB Werkzeugbau Leipzig W 33
  • Zeitschrift “Der Mechaniker” No. 14, 1897, S. 217
  • Adreß-Buch für Lindenau-Plagwitz und Neu-Schleußig 1885, 1887
  • Adreß-Buch für Lindenau 1889
  • Leipziger Adreßbuch, Bd. 1907, 1933, 1943, 1949, 1997

Autoren: Frank Heyme, Rainer Müller (Lindenauer Stadtteil Verein)

Datum: 04.03.2020

Abbildungen:




Vereinsabzeichenfabrik W. Helbing

Firmenname: Vereinsabzeichenfabrik Wilhelm Helbing

Adresse: Birkenstraße 8

Orsteil: Lindenau

Industriezweig/Branche/Kategorie: Metallindustrie/ Metalldrückerei; Galvanik

Datierung: gegründet 1907

Ursprüngliche Nutzung:

  • 1915 Haarnadelfabrik C. Gellermann
  • 1918 Nährmittel-Fabrik Rudolf Ady
  • 1920 Rohproduktenhandlung von Kaufmann Samuel Markowitsch

Heutige Nutzung: Industriebrache/ begrünter Hinterhof

Bau- und Firmengeschichte:

Die Firma Vereinsabzeichenfabrik Wilhelm Helbing wurde 1892 vom Kaufmann Siegfried Hellinger gegründet.

Die Firma zog 1930 in die Birkenstraße 8. Sie stellte Abzeichen und Medaillen für Vereine und andere Interessenten, außerdem Orden und Ehrenzeichen für das Militär her. Hauptproduktionsmittel waren Ausrüstungen für die Bearbeitung von Metallen, wie Stanzen; unterschiedlich große Balanciers waren vorhanden. Es gab eine zentrale Transmission zum Antrieb der Maschinen. Für die Weiterbearbeitung gab es eine Galvanisier- und eine Emaillier-Einrichtung. Ab einem unbekannten Zeitpunkt wurde auch Metallbesteck aus Aluminium und Neusilber in Lohnfertigung als Halbzeug hergestellt. D. h. im Auftrag eines anderen Unternehmens wurden Besteck-Rohlinge produziert. Auftraggeber war am Ende der Firmenexistenz der VEB Auer Besteck- und Silberwarenwerke (ABS).

Wahrscheinlich 1970 oder 1971 verstarb der Besitzer der Firma. Sein Erbe lebte in der Bundesrepublik und veranlasste die Auflösung der Firma. In dieser Zeit wurden die Maschinen verkauft und aus dem Produktionsgebäude entfernt. Eine besondere Maßnahme war der Abtransport des großen Balanciers. Es musste eine sehr große Öffnung in die Wand des Gebäudes gebrochen werden, um die Maschine zum Abtransport auf den Hof zu stellen. Bedauerlich war es, dass in der Zeit zwischen Betriebsende und Beginn der Demontage die einzigartige Sammlung aller jemals produzierten Abzeichen gestohlen wurde und seitdem verschollen ist. Der Erlös der Firmenauflösung wurde, wie zu der Zeit üblich, auf ein Sperrkonto eingezahlt. Auf dieses Konto hatte der westdeutsche Erbe eingeschränkten Zugriff.
Die weitere Nutzung des Gebäudes ist derzeit noch nicht erforscht.

Objektbeschreibung: Das Werkstattgebäude (Hofgebäude) ist abgerissen. Das Vorderhaus ist ein Wohnhaus, erbaut um 1895.

Quellen/Literatur/Links:

  • Der Leipziger Abzeichenhersteller Wilhelm Helbing (1. Teil): Die Abzeichen aus der Zeit 1892 bis 1913. In: Nickel, Heinz (Hrsg.): Internationales Militaria-Magazin.(IMM). Nr. 94. Das aktuelle Magazin für Orden, Militaria und Zeitgeschichte. Zweibrücken, VDM Heinz Nickel Verlag, 1999
  • Der Leipziger Abzeichenhersteller Wilhelm Helbing (Teil 2): Die Abzeichen aus der Zeit 1914 bis 1935. In: Nickel, Heinz (Hrsg.): Internationales Militaria-Magazin. (IMM). Nr. 97. Das aktuelle Magazin für Orden, Militaria und Zeitgeschichte. Zweibrücken, VDM Heinz Nickel Verlag, 2000
  • Der Leipziger Abzeichenhersteller Wilhelm Helbing (Teil 3): Abzeichen aus der Zeit um 1900 bis 1964. In: Nickel, Heinz (Hrsg.): Internationales Militaria-Magazin. (IMM). Nr. 105. Das aktuelle Magazin für Orden, Militaria und Zeitgeschichte. Zweibrücken, VDM Heinz Nickel Verlag, 2002
  • Die Vereinsabzeichenfabrik Wilhelm Helbing (Teil IV). In: Nickel, Heinz (Hrsg.): Internationales Militaria-Magazin. (IMM). Nr. 108. Das aktuelle Magazin für Orden, Militaria und Zeitgeschichte. Zweibrücken, VDM Heinz Nickel Verlag, 2003
  • Leipziger Vereinsabzeichenfabrik Wilhelm Helbing (Teil V). In: Nickel, Heinz (Hrsg.): Internationales Militaria-Magazin. (IMM). Nr. 110. Das aktuelle Magazin für Orden, Militaria und Zeitgeschichte. Zweibrücken, VDM Heinz Nickel Verlag, 2003
  • www.lindenauerstadtteilverein.de/jüdisches-leben-in-lindenau

Autor: Frank Heyme

Datum: 19.02.2020




Schaubühne Lindenfels

Objekt: Schaubühne Lindenfels

  • früher: Gaststätte, Gesellschaftshaus, Ballsaal
  • DDR: Lichtspieltheater Lindenfels
  • heute: Schaubühne Lindenfels

Adresse: Karl-Heine-Str. 50, 04229 Leipzig

Stadtteil: Lindenau

Industriezweig/Branche/Kategorie: Veranstaltungsstätte, Blechverarbeitung

Datierung: 1874

Objektgröße: ca. 1800 m²

Bau- und Firmengeschichte: 1874 errichtete der Leipziger Maurer Carl Schmidt in der Leipziger Straße (seit 1893 Karl-Heine-Straße) Ecke Hermannstraße (seit 1907 Hähnelstraße) eine Gastwirtschaft, später noch eine Gesellschaftshalle mit einem prunkvollen Ballsaal. Nach mehreren Besitzerwechseln übernahm am 1.4.1899 Max Nohke das Grundstück. Er beauftragte den Gründerzeit-Architekten Emil Franz Hänsel die Gesellschaftshalle erheblich zu erweitern und außerdem einen zweigeschossigen Kleinen Saal auf dem Gelände des ehemaligen Concertgartens in der Hermannstraße anzubauen (der heutige Lindenfels Westflügel). Dieser als eigenständiger Veranstaltungsort konzipierte Bau mit seinem acht Meter hohen Kuppelhimmel konnte bei Bedarf mittels handbetätigter Zahnradwellen verschiebbarer Jalousie-Wände mit dem Saal der alten Gesellschaftshalle verbunden werden. Teile dieser Konstruktion sind noch heute vorhanden. Am 23. September 1900 eröffnet schließlich der Ballhauskomplex Gesellschaftshalle zu Lindenau in der Karl-Heine-Straße 50. Die Gebäudeteile enthalten zahlreiche von Hänsel entworfene Jugendstilelemente. Auch Nohke konnte das Grundstück nicht halten. Es erfolgten weitere Eigentümerwechsel. In diesem Zusammenhang begannen neben Bällen und Concerten 1906 Kino- und „theatralische“ Veranstaltungen. Im Zuge weiterer Eigentümerwechsel erfolgte 1939 eine Teilung. In diesem Zusammenhang wurde der Kleine Saal an die benachbarte Ofenrohr- und Blechwarenfabrik Fröhlich verpachtet. Es erfolgten weitere Umbauten. Die Produktion endete erst 1975. Dann blieb der heute als „Lindenfels Westflügel“ bezeichnete Teil 20 Jahre leer stehen. Die Jugendstilelemente konnten jedoch erhalten werden.
Im anderen Teil des Gebäudekomplexes ging der Kinobetrieb weiter. Es hieß ab 1949 als volkseigener Betrieb „Lichtspieltheater Lindenfels“, 1956 erfolgte eine Sanierung. Nach einer Heizkesselhavarie wurde der Betrieb 1987 eingestellt.
Nach einer ersten Teilsanierung wurde das Gebäude mit Theater- und Filmvorführungen 1994 wiedereröffnet. In der Folgezeit engagierten sich namhafte Künstler und Vereine. Problematisch war auch jetzt wieder die Finanzierung. 2005 wurde eine gemeinnützige Aktiengesellschaft (gAG) gegründet. 2003 hat sich das Figurentheater Wilde & Vogel im Westflügel eingerichtet. 2009 wurde das gewerblich betriebene Kino durch ein nicht gewerbliches Kino mit deutlich reduziertem Programm ersetzt. Die Nora Roman GmbH & Co. KG als Mieter beteiligte sich an der Programmvielfalt der Schaubühne. Sie war verantwortlich für Gastronomie, Musik- und Literaturveranstaltungen.
Nach einem Insolvenzverfahren 2011 wurde das Restaurant von der Schaubühne Lindenfels gGmbH betrieben. Im August 2015 erfolgte eine umfangreiche Sanierung. Heute ist die Schaubühne Lindenfels eine Leipziger Kulturinstitution mit einem interdisziplinären Gesamtkonzept. Initial und Motiv der Arbeit ist die Produktion und Präsentation von professionellem Theater unterschiedlicher Genres, Sparten und Formate in- und außerhalb des eigenen Theaterhauses. Wichtige Arbeitsfelder neben Theater/Tanz/Performance und Filmkunst sind Musik, Literatur und bildende Künste. Rechtsträger und Eigentümer des Gebäudes ist die gemeinnützige Schaubühne Lindenfels Aktiengesellschaft.
Die Schaubühne ist auch Initiator von Veranstaltungen im Wohngebiet, z.B. das Straßenfest auf der Karl-Heine-Straße. Im April 2018 wurde eine durch Crowdfunding finanzierte Leinwand-Spezialkonstruktion eingeweiht.

Objektbeschreibung: Weitgehend sanierter Ziegelbau mit einer vielseitigen Innenarchitektur.

Quellen/Literatur/Links:

Autor: Helmut Sander

Datum: 02.06.2018

Abbildungen:




Westwerk

Objekt: Westwerk Leipzig

  • früher: Schumann & Koppe ab 1882
  • DDR: VEB Industriearmaturen und Apparatebau Leipzig“ (IAL)
  • heute: Westwerk Leipzig GmbH seit 04/2007

Adresse: Karl-Heine-Str. 85- 93, 04229 Leipzig

Stadtteil: Plagwitz

Industriezweig/Branche/Kategorie: Gießerei und Armaturenherstellung, Metallverarbeitung

Datierung: 1872

Objektgröße: ca. 16.000m²

Ursprüngliche Nutzung: Gießerei spezialisiert auf Großarmaturen

Heutige Nutzung: Kunstquartier und Ateliers, Offspace, Gastronomie.

Bau- und Firmengeschichte: Die Anfänge der Nutzung reichen bis ins Jahr 1872 zurück. Herr Kaspar Dambacher errichtet an der damaligen Bahnhofstraße, heutigen Weißenfelser Straße einen Betrieb zur Metallverarbeitung. In den ersten 10 Jahren stellt die Gießerei mit vermutlich 4 Beschäftigten Kleinarmaturen her. 1874 erfolgt der Einsatz einer zur damaligen Zeit modernen Dampfmaschine für die Gießerei.

Übernahme durch Schumann und Koppe
Im Jahr 1882 übernimmt ein neuer Eigentümer die Anlagen und leitet den Ausbau des Werkes ein. So entstehen neben einen Wohnhaus in den Folgejahren neue Produktionsflächen und dazugehörige Nebengebäude.

Spezialisierung fördert den Absatz
In den 1890er Jahren verlegt man sich auf die Herstellung von wuchtigen Armaturen wie sie zum Beispiel in Dampfanlagen der Kraftwerkstechnik benötigt werden. Auch Spezialanfertigungen für höchste Drücke oder Absperrventile in schwerer Ausführung werden hier gefertigt. Sicherheitsventile und Entöler sowie Vorwärmer runden das Produktionsprofil ab und finden in ganz Europa guten Absatz. Eine zweite Gießerei wird in Leutzsch um 1900 errichtet. Im Stammwerk Plagwitz ist die Belegschaft auf 140 Mitarbeiter angestiegen.

Erstmalig in Deutschland
1906 gelingt hier der erste Kokillenguss in Deutschland. Ein Verfahren das bei schneller Abkühlung des Gusses ein dichtes Materialgefüge aufweist. Also verbesserte Eigenschaften als beim bisherigen Sandguss. Ein Vorsprung in der Fertigung.

Hochkonjunktur im ersten Weltkrieg
Als Zulieferer für die ersten Marine U-Boote war der Betrieb voll in die Rüstung eingebunden. Auch andere Branchen wie die beginnende Autoindustrie, das Funkwesen oder der Maschinenbau bieten gute Absatzmärkte. Erweiterungen der baulichen Anlagen sind die Folge.

Auf und Ab in den nächsten Jahren…
Nach guten Gewinnen Mitte der 20er Jahre hat auch hier die Weltwirtschaftskrise ihre Spuren hinterlassen. Das Stammhaus mit Firmengiebel ist bis 1926 vollendet. Doch die Zahl der Beschäftigten halbiert sich fast um 1931/32. Auch Wertverluste müssen hingenommen werden. Ab 1933 steigt die Arbeiterzahl wieder deutlich an. Nun ist Platzmangel ein Problem. Die Übernahme der benachbarten Hallen der ehemaligen Pferde-Straßenbahn bringt für kurze Zeit Abhilfe.

Erneut Vollauslastung 1939-45
Durch die Einbindung des Werkes in die Rüstungsproduktion im 2. Weltkrieg erlebt die Produktion eine deutliche Steigerung. U-Boot Armaturen finden schnell Absatz… Ein trauriges Kapitel ist der Einsatz von Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen um die Fertigung aufrecht zu erhalten. Es kommt zur Anmietung von Produktionsflächen ab ca. 1943 in der Umgebung. In die gleiche Zeit fallen auch Zerstörungen durch Fliegerbomben.

Ein neuer Anfang
1946 kam es zur Enteignung laut Volksentscheid. Durch die Sowjetische Militär-Administration in Deutschland (SMAD) erfolgte die Neugründung als SAG „Podjomnik“. Ca. 600 Beschäftigte fanden in der schweren Nachkriegszeit hier eine Anstellung. Weitere Verbesserungen der Arbeitsbedingungen konnten erreicht werden.

Am 1. Januar 1950 kommt es zur Umbenennung in SAG „Transmasch“. Das Werk ist wichtig für Reparationsleistungen an die Sowjetunion und auch der Export spielt wieder eine große Rolle.

Neubau in Rekordzeit
Durch die Bedeutung des Werkes wird 1952/53 eine moderne Produktionshalle an der Karl-Heine Straße erbaut. Entworfen von den Architekten Otto Hellriegel und Johannes Koppe wurde der Bau in nur 8 Monaten vollendet. Eine beachtliche Leistung und Architektonisches Wahrzeichen der Modernen Sachlichkeit des heutigen Westwerkes! Bereits in den 1930er Jahren gab es Überlegungen zum Bau einer großen Fertigungshalle, konnte aber erst nach dem 2.Weltkrieg realisiert werden. Zeitgleich erfolgte östlich der Halle die Errichtung eines Verwaltungsgebäudes. Weitere Investitionen erfolgen…

Zum 31.12. 1953 ging der Betrieb in Volkseigentum über und heißt: VEB „Industriearmaturen und Apparatebau Leipzig“ (IAL)
In den 1960er Jahren konnte sich die Gießerei als die modernste der DDR bezeichnen und durch Taktfertigung konnte die Produktion optimiert werden. Ca. 1000 Beschäftigte stellen u.a. Hochofen- und Hochdruckarmaturen, Walzwerkausrüstungen, Destillieranlagen und weitere Gusserzeugnisse her. Verschiedene Standorte im Leipziger Stadtgebiet kommen hinzu. Durch die Herstellung von Ausrüstungen für die chemische Industrie und Erdölleitungen ist der Export von größter Bedeutung und man hat bis zur Wende mehr als „gut zu tun“.

Ein Leuchtturm für den Wandel im Stadtteil
Ab 1990 übernimmt ein privater Investor die Firma. Für die nächsten 6 Jahre heißt der Betrieb nun: „Industriearmaturen Leipzig GmbH“. In den folgenden Jahren wird die Produktion eingestellt. Das Werk verändert sein Gesicht. Nun folgt ab 2007 eine Umnutzung für kulturelle Zwecke durch die Westwerk Logistics GmbH. Heute kann man auf dem Gelände in einer großen Vielzahl von erhaltenen Gebäuden aus allen Zeitepochen des Werkes eine Menge unterschiedlicher Einrichtungen antreffen. So gibt es neben Ateliers, Werkstätten, Büros auch Gastronomie und Einzelhandel. Das Kunstquartier „Westwerk“ hat sich weit über die Stadtgrenzen von Leipzig einen Namen gemacht und ist durch verschiedenste Veranstaltungen ein wichtiger Bestandteil im kulturellen Leben. Die Mauern der ältesten erhaltenen Gießerei von Leipzig sind hier ebenso zu finden, wie Hallenreste des ehemaligen Straßenbahnhofes der Leipziger Pferde-Straßenbahn aus dem Jahr 1881. Von der Gründerzeit bis zur Moderne kann man den hier befindlichen Fabrikbauten vornehmlich in roter Klinkerbauart auch noch ihre „Gebrauchsspuren“ ansehen. Bei geführten Rundgängen sowie bei Veranstaltungen kann man das Flair der vielfältigen Einrichtungen auf dem Gelände erleben und in die kreative Szene junger Menschen eintauchen. Ebenso können Räume in der ehemaligen Eisengießerei für Veranstaltungen angemietet werden.

Quellen/Literatur/Links:

  • Westwerk GmbH Karl-Heine-Straße 93 04229 Leipzig, www.westwerk-leipzig.de
  • www.wikipedia.de
  • „Vom Zweispänner zur Stadtbahn“, LVB-Chronik, 1996

Autor: Mann, Mathias

Datum: 01.06.2018

Abbildungen:




Dietzold-Werke

Titel des Objekts: Dietzold-Werke

Adresse: Franz-Flemming-Straße 9, 04179 Leipzig

Stadtteil: Leutzsch

Industriezweig/Branche/Kategorie: Metallverarbeitung, Metallwaren; Ateliers

Kurzcharakteristik: Das 1905 errichtete Fabrikgebäude diente zunächst für die Metallverarbeitung und zuletzt vom „VEB Maiswerk Zerbst“. Seit den 1990er Jahren stand das Gebäude leer, bis sich 2013 ein neuer Eigentümer fand, der das Areal für Ateliers und als Location umnutzt.

Datierung: 1915

Objektgröße: ca. 3.600 m²

Ursprüngliche Nutzung: Fabrik für Metallwaren

Heutige Nutzung: Ateliers

Bau- und Firmengeschichte: Im Auftrag des Unternehmers J. Arthur Dietzold wurde nach Plänen des Architekten Emil Franz Hänsel in der heutigen Franz-Flemming-Straße ein Fabrikgebäude errichtet. Zunächst hatte es nur vier Stockwerke und ein Flachdach, auf dem man dann einen Dachstuhl mit weiteren Räumen setzte. So entstand vermutlich dann auch der Giebel mit den großen DIETZOLD-Buchstaben. Hergestellt wurden unter anderem Nägel, Schrauben, Drähte, Springfedern und Kellerfenstergewebe.
Ab 1912 zog hier eine Kürschnerei ein, die Tierfelle zu Pelzbekleidung verarbeiteten. Darauf folgte die Produktion von Elektroschaltgeräten. Die Dietzold-Werke gehörten ab 1969 zum Mitteldeutschen Maiswerk und wurden 1974 eine Außenstelle des „VEB Maiswerk Zerbst“. Mit der Wiedervereinigung Deutschlands schloss diese Fabrik ihre Tore und die Bausubstanz wurde sich selbst überlassen.
Im Juli 2010, um halb vier nachts, stand der Dachstuhl in Flammen. Die Feuerwehr ließ ihn kontrolliert abbrennen. Seitdem fehlt der Dachstuhl und der Giebel steht frei. 2013 dann, kauft ein Investor das ehemalige Fabrikgebäude und öffnet die Räume für Ateliers, die zwei Jahre später erstmals bezogen worden. Der neue Eigentümer saniert das Gebäude, erneuert die Sanitäranlagen, möchte aber den alten Charme der Fabrik behalten. Im Erdgeschoss plant er eine Galerie mit Restaurant und Freisitz. Der Dachstuhl soll teilweise mit Glas überdacht und für Veranstaltungen genutzt werden.

Objektbeschreibung: Das Fabrikgebäude besitzt eine Klinkerfassade mit abfallendem Putz, das zudem sanierungsbedürftig ist. Es befindet sich in einem Gewerbegebiet, zwischen der Eisenbahnstrecke Leipzig-Weißenfels und der Franz-Flemming-Straße, direkt gegenüber der Theater-Fabrik-Sachsen.

Quellen/Literatur/Links:
www.dietzoldwerke.de
LVZ Lost Places www.multimedia.lvz.de/dietzold#114

Autor/in: Dave Tarassow

Datum: 22.02.2018

Abbildungen: (Dave Tarassow, 05.09.2015.)